25.05.2010 20:37 // Von: Reinhard Köchl

Bayerische U 18-Auswahl belegt in Brixen exzellenten zweiten Platz

Brixen war für den bayerischen Leichtathletik-Nachwuchs schon immer eine Reise wert. In diesem Jahr jedoch verkaufte die weiß-blaue U 18-Auswahl ihre Haut so teuer wie schon lange nicht mehr. Erst nach heftiger Gegenwehr mussten die Jugendlichen aus dem Freistaat am Schluss im Länderkampf mit 15 Teams Baden-Württemberg den Gesamtsieg überlassen (344,5: 374). Herausragender Bayer war der erst 15-jährige Stabhochspringer Arthur Wollert (LAZ Kreis Würzburg) mit seinem Siegessprung über 4,50 Meter.

Macht nix! Zwar ärgerten sich einige Jungs und Mädchen am Ende des Brixia-Meetings nicht ganz zu Unrecht über die verpasste Chance, nach langer Zeit einmal wieder den ersten Platz bei diesem auf europäischer Ebene hochrangigen Ländervergleich errungen zu haben. Denn immerhin rangierten die Bayern nach etwa der Hälfte aller absolvierten Disziplinen an diesem herrlichen Frühlings-Pfingstsonntag im Brixener WM-Stadion zeitweilig sogar an der Spitze des Klassements. Aber die Erkenntnis, dass der viel gerühmte „Team-Spirit“ auch bei einem bunt zusammen gewürfelten Haufen aus allen Winkeln des Freistaats Berge versetzen kann, versöhnte nicht nur die jungen BLV-Talente, sondern auch die mitgereisten Betreuer. Da schrien Weitspringer nach Leibeskräften, um den eigenen 800-Meter-Läufern Beine zu machen, klatschten Sprinter rhythmisch im Takt, um den Hochspringern über die Latte zu helfen oder fieberten Mittelstreckler bei den Versuchen der Kugelstoßer. Das Resultat dieses „Bayerischen Tages“ in Südtirol kann sich in der Tat sehen lassen: Rund die Hälfte aller Nominierten trat mit neuen persönlichen Bestleistungen die Heimreise an, von den vielen neuen Freundschaften ganz zu schweigen. Und ebenso wie die großen Fußball-Bayern tags zuvor beim Championsleague-Finale in Madrid erwiesen sich auch die kleinen Leichtathletik-Bayern als exzellenter Verlierer, der viele Sympathiepunkte beim sachkundigen Publikum sammeln konnte.

Brixen bedeutet auch immer eine Standortbestimmung knapp sechs Wochen vor den Bayerischen sowie zehn Wochen vor den Deutschen Jugendmeisterschaften. Und selbstredend eine Art Tauglichkeitsprüfung auf der Schwelle zur „echten“ Leichtathletik. Denn die besondere Atmosphäre des Brixia-Meetings, für die „alten Hasen“ mittlerweile Routine und eher motivationsfördernd, bietet den perfekten Anschauungsunterricht für Deutsche Titelkämpfe oder internationale Events. Bei einigen des 2010-Jahrgangs waren die Nervosität und der Respekt unübersehbar. Aber wer bei den „Großen“ mitspielen will, der muss sich nun mal mit Begleiterscheinungen wie Schlafen in fremden Betten, einer anderen Küche als bei Mama, der Callroom-Prozedur, der Abwesenheit der Bezugsperson Trainer im Innenraum, italienischen Startkommandos oder den peniblen Regularien des Einwerfens beziehungsweise -springens (nur zwei Versuche) arrangieren können. Das Gros der Bayern-Auswahl kam mit diesen Begleiterscheinungen jedenfalls problemlos zurecht und begeisterte mit teilweise ausgezeichneten Leistungen.

Fünf Einzelsiege bei insgesamt 30 Wettbewerben sowie eine Reihe von Treppchen-Plätzen ließen den Leitenden Landestrainer Dietmar Günther sowie die neu gewählte Vizepräsidentin Jugend, Sandra Zacher-Schweigert, bei ihrer Brixen-Premiere ein ums andere Mal strahlen. Den Vogel schoss vor allem Arthur Wollert (LAZ Kreis Würzburg) als souveräner Stabhochsprung-Sieger ab. Mit 4,50 Meter gelang dem gerade erst der Schülerklasse entwachsenen Schützling von Freddy Schlund nicht nur ein neuer Hausrekord, sondern auch eine Höhe, die ihn unweigerlich in eine Favoritenposition bei den Deutschen B-Jugendmeisterschaften hievt. Wollert stieg erst bei 4,00 Metern in den Wettkampf ein und hangelte sich über 4,20 Meter, 4,30 Meter und 4,40 Meter schließlich zu 4,50 Meter, die er unter großem Jubel seiner Mannschaftskollegen im dritten Versuch überwand. Als Lohn für die beste Leistung des Tages nach einem kraft- und zeitraubenden Wettkampf bekam er bei der Heimfahrt von Günther und Zacher-Schweigert den Teampokal überreicht.

 Elisabeth Weinfurtner pulverisiert ihre 1500 Meter-Zeit

In nichts nach stand ihm bei den Mädchen Elisabeth Weinfurtner (TV Zwiesel), die als unangefochtene 1500 Meter-Siegerin ihre persönliche Bestzeit gleich um fast sechs Sekunden auf 4:40,97 Minuten verbesserte. Eine Woche nach ihrem ersten 1,80 Meter-Sprung bestätigte Anne Rieger (SpVgg Auerbach-Streitheim) mit einem Satz über 1,76 Meter nicht nur bei den deutschen B-Jugendlichen ihre Ausnahmestellung. Die Mannschaftskapitänin der Bayern-Girls befand sich in Brixen sogar im Doppeleinsatz. Als amtierende Bayerische Kugelstoß-Hallenmeisterin absolvierte sie drei Versuche, wobei ihr bester bei 10,89 Meter einschlug (Platz fünf). Ebenfalls Klasse Vorstellungen lieferten Kristina Reßler (TSV Peiting) und Thomas Pallauf (LG Donau-Ilm) mit ihren ersten Plätzen über 400 Meter Hürden beziehungsweise 400 Meter flach. Reßler gab sich im Hürdenwald keine Blöße und zockte ihre Konkurrentinnen mit geradezu spielerischer Leichtigkeit ab. Als Endergebnis standen 61,44 Sekunden – eine Zeit, die sie zuvor noch nie gelaufen war. Gleich gilt für Pallauf, der seine Bestmarke auf 49,37 Sekunden schraubte und erneut unter Beweis stellte, dass er in die Fußstapfen großer bayerischer Viertelmeiler treten kann.

Exakt die Einstellung ihrer am Vorwochenende in Regensburg gelaufenen Bestzeit von 12,14 Sekunden über 100 Meter reichte für Alexandra Burghardt (LAZ Inn) zu einem hervorragenden zweiten Rang hinter der bärenstarken Udochi Judy Ekeh (Emilia Romana), die an diesem Tag mit 11,88 Sekunden das Maß aller Dinge darstellte. Um Haaresbreite das Nachsehen hatte Katharina Eich (DJK Weiden) im Weitsprung, wo sie sich um einen Zentimeter mit 5,68 Meter gegenüber der Württembergerin Hanna Keppler (5,69 Meter) geschlagen geben musste. In ansprechender Form präsentierten sich die beiden bayerischen Mehrkämpfer. Sabrina Thomas (MTV 1881 Ingolstadt) blieb im Siebenkampf lange Zeit Edda Kuhlemann (Baden-Württemberg) auf den Fersen. Ihr zweiter Rang mit 4582 Punkten war vor allem ihrem exzellenten Speerwurf (38,67 Meter), 15,20 Sekunden über 100 Meter Hürden und 26,80 Sekunden über die 200 Meter zu verdanken. In seinem ersten Zehnkampf fightete Sebastian Schlegel (LAG 1860 München/Garmisch-Partenkirchen) verbissen und holte sich schlussendlich mit 5254 und dem dritten Rang eine vorzügliche Ausgangsposition für künftige Aufgaben. Seine herausragenden Einzelleistungen lauteten 13,16 Meter mit der Kugel und 1,81 Meter im Hochsprung.

 Laura Weiß hört den Rückschuss nicht

Vielleicht hätte es für Laura Weiß (TV Bad Kötzting) auch zu mehr als „nur“ den dritten Platz über 100 Meter Hürden gereicht (14,64 Sekunden), wenn sie nach dem missglückten ersten Startversuch den Rückschuss gehört hätte. So jedoch stürmte die junge Niederbayerin im Alleingang und im Höchsttempo davon, völlig auf das Ziel fokussiert und ohne ein Ohr für die Schreie der Zuschauer und die wiederholten Pistolensalven des Starters. Erst bei 80 Meter gelang es diesem, die völlig entfesselte Bayerin wieder einzufangen. Doch anstatt ihr eine Pause zu gönnen, gab es gleich im Anschluss den zweiten Startversuch, bei dem Laura (Bestzeit: 14,10 Sekunden) logischerweise nicht mehr über die nötigen Kraftreserven verfügte, um bei der Vergabe des Sieges eingreifen zu können.

Mit ihren 58,40 Sekunden und Rang drei über die Stadionrunde offenbarte Sinéad Ebert (LG Kreis Ansbach) enorme Steherqualitäten, die für den weiteren Saisonverlauf zur Hoffnung Anlass geben. Auch für die Deutsche 800-Meter-B-Jugendmeisterin Nicole Klasna (TuS Bad Aibling) bedeuten die 2:15,03 Minuten einen Schritt in die richtige Richtung. Als Lohn gab es für sie Bronze. Die gleiche Farbe trug das Edelmetall, das um den Hals von Zuwena Mukeba (MTV 1881 Ingolstadt) baumelte. Die Diskuswerferin hatte sich freilich mehr vorgenommen als 38,47 Meter, wobei technische Defizite diesmal ein weiteres Ergebnis über der 40-Meter-Marke verhinderten. Ihr männliches Pendant Kim Philipp Sahler (LAC Quelle Fürth) kratzte mit einer Verbesserung seines Hausrekordes auf 49,39 Meter (ebenfalls Platz drei) in einem beeindruckend ausgeglichenen Wettkampf schon massiv an der 50-Meter-Marke. Die gleiche Platzierung und damit 13 wichtige Punkte gab es für Bryan Simon (LAG 1860 München/Garmisch-Partenkirchen) im Weitsprung, wo er seine Marke auf 6,88 Meter schraubte und nun vom ersten Sieben-Meter-Sprung träumen darf. Auch Simon absolvierte einen Doppelstart: Mit 14,81 Sekunden wurde er über 110 Meter Hürden obendrein Vierter.

Drehstoßer Eberl verbessert sich erneut

Ebenfalls eine magische Marke, nämlich die 16 Meter, hat Kugelstoßer Andreas Eberl (TV Emmering) im Visier. Trotz Ellenbogenschmerzen gelang ihm eine neue persönliche Bestleistung von 15,92 Meter, was zu Rang vier und zwölf Mannschaftszählern reichte. Erst auf der Zielgerade war die Gegenwehr von Seppi Oettl (TSV Rottach-Egern) über 800 Meter gebrochen. Nach beherzter Führungsarbeit zog der 16-Jährige etwas zu früh den Spurt an und belegte deshalb den undankbaren vierten Rang (1:57,72 Minuten). Ein ähnliches Schicksal war Jonas Koller (LG Telis Finanz Regensburg) über 1500 Meter beschieden. Dass es trotz des vierten Platzes noch zur Verbesserung seiner Bestzeit auf 4:06,82 Minuten reichte, wirft ein Licht auf das enorme Potenzial des jungen Rohdiamanten aus der Regensburger Kaderschmiede. Nicht unzufrieden sein muss Sarah Rieger (SpVgg Auerbach-Streitheim) über ihren vierten Platz im Speerwerfen mit 37,94 Meter, ebenso wie Corinna Pielenhofer (LG Neumarkt-Freystadt) über 200 Meter (Fünfte in 25,57 Sekunden).

Unter dem Aspekt „Erfahrungen sammeln“ stand der Länderkampf für Speerwerfer Markus Kosok (LG Donau-Ries), der mit 49,66 Meter Sechster wurde. Sein Vereinskamerad Fabian Mittler tastet sich nach einer schweren Muskelverletzung ganz langsam wieder an frühere Top-Zeiten heran. In Brixen schaffte der männliche Team-Kapitän schon 11,38 Sekunden, was zum elften Rang reichte. Der Versuch, in der 4 x 100 Meter-Staffel zusammen mit Philipp Hackner (MTV 1881 Ingolstadt; 13. über 200 Meter in 23,44 Sekunden bei 1,8 Meter Gegenwind), Thomas Schnurr (LG Karlstadt-Gambach-Lohr) und Stefan Schranner (LG Region Landshut) mit einer guten Zeit noch in den Kampf um den Gesamtsieg eingreifen zu können, blieb wegen eines Wechselfehlers erfolglos. Vierte wurde die Mädchenstaffel um Laura Weiß, Alexandra Burghardt, Corinna Pielenhofer und Katharina Eich in 49,34 Sekunden, wobei die Vier freilich um Haaresbreite an einer Disqualifikation vorbeischrammten.

Energieleistung von Philipp Popp

In einem spannenden Rennen über 2000 Meter Hindernis reihte sich Philipp Popp (LAC Quelle Fürth) lange in der Spitzengruppe ein, um schließlich mit 6:23,08 Minuten als guter Sechster über die Ziellinie zu laufen. Popp lief ebenso wie Stefan Krinner (TSV Plattling) über 400 Meter Hürden mit 58,95 Sekunden (Rang neun) in den Bereich seiner Bestleistung. Für Hochspringer Stefan Jaschik (LG Bamberg) war diesmal bei 1,80 Meter Endstation (Platz zehn).