Eine kurze, aber intensive Geher-Karriere erlebte Dr. Herbert Meier Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre. Heute feiert er seinen 80. Geburtstag.

Als Gehen noch voll im Trend lag: Dr. Herbert Meier (rechts) mit seinen Fürther Mannschaftskameraden Alwin Reng (links) und Bernd Kannenberg, dem Olympiasieger von 1972 in München

09.02.2014 04:30 // Von: Bertram Böhm

Dr. Herbert Meier, der Gründer der Fürther Geherbewegung, wird heute 80

Hutscheln, die Fürther Variante des Fußtennis und fast so spektakulär wie das asiatische Sepak Takraw, wurde für Herbert Meier die letzte sportliche Liebe seines Lebens. Hier hinter der Tennishalle am „Sechzger“ in der „Hutschelarena“ gelang ihm, was ihm in seiner Zeit als Weltklasse-Geher nicht vergönnt war: Er wurde der inoffizielle Weltmeister. Zuvor hatte er in Fürth allerdings auch den Geher-Boom ausgelöst. Am Sonntag, 8. Februar, kann Herbert Meier seinen 80. Geburtstag feiern.

Heute als Vorsitzender der Hutschelabteilung - ja so etwas gibt es beim TV Fürth 1860 - ist Herbert Meier eigentlich auch der Weltpräsident in dieser über die Grenzen Fürths hinaus leider ziemlich unbekannt gebliebenen Sportart. Doch zunächst zurück zu den Wurzeln.

Der Musiker

In der Fürther Altstadt geboren, probierte es Herbert, wie wohl jedes Kind in der Kleeblattstadt mit dem Fußball. Die motorischen Fähigkeiten reichten aber nicht aus, um wie sein Fürther Namensvetter, der Herbert „Ertl“ Ehrhardt, in die Weltklasse aufzusteigen. Dann halt erst einmal Abitur am Hardenberg Gymnasium bauen und das Studium zum „Pauker“ aufnehmen. Nebenbei pflegte er ein „bisschen“ das Klavierspiel und das „Bisschen“ artete zur großen Berufung aus. Den Auftritten bei Schulkonzerten folgten die etwas größeren Engagements in der Kammermusik und auf der Orgel in den Kirchen. Das Studium (Chemie, Biologie, Geographie, Mathematik) ging locker von der Hand, so dass er noch ein Zweitstudium der Musik und Musikwissenschaften anschloss. Die berufliche Ausbildung vollendete Herbert mit der Promotion zum Dr. rer. nat.

Der Läufer

Mitte der 1960er Jahre war der drei Jahre jüngere Bruder Karl zu einem guten 800-Meter-Läufer (Bestzeit 1:53,3 Minuten) herangewachsen und man ging schon mal gemeinsam in den Stadtwald zum Laufen. Herbert merkte, dass je länger die Distanz wurde, es für ihn immer besser lief. Bei Volksläufen in Fürth errang er die ersten Erfolge und 1965 kam es in Passau bei den bayerischen Meisterschaften zum ersten Marathonlauf in 3:11:03,6 Stunden Es folgten einige Mannschaftstitel mit dem TV 1860 Fürth über 25 Kilometer und im Marathon, aber so richtig kam Herberts Karriere nicht voran. Erst als ihn Nürnberger Geher zum Gehen überredeten, ging es (er) richtig los.

Der Geher

Die ersten Versuche über 10 Kilometer und im 20 Kilometer Straßengehen 1969 erfolgten immerhin erst im Alter von 35 Jahren. In 1:46:46 Stunden. debütierte Herbert Meier in Nürnberg über die 20 Kilometer. Im Herbst 1969 startete Herbert Meier innerhalb von vier Wochen bei den bayerischen 25-Kilometer- und Marathon-Meisterschaften und als Krönung des Ganzen bei den „Deutschen“ der erste 50-er im Gehen. Nach 4:36:08 Stunden kam er ins Ziel. Das Jahr 1970 konnte kommen.

Im neuen Dress des LAC Quelle standen vier Länderkampfe an, und alle über 50 Kilometer. Zuerst Ende Juni in Schwaig der Ländervergleich mit Frankreich und der Schweiz, Zweiter in 4:25:37 Stunden. Nächster Termin: Deutsche Meisterschaften im Juli in Eschborn, Zweiter in Bestzeit von 4:08:35,2 Stunden. Im August in Odense (Dänemark) die Vorrunde im Lugano Cup. Der Lugano Cup war über Jahrzehnte hinweg die inoffizielle Weltmeisterschaft der Geher. Zur Endrunde, die in Deutschland in Eschborn stattfand, wurde Herbert wieder über 50 Kilometer nominiert. Er kam im Taunus zwar nicht an seine Bestzeit heran, war aber als Siebter bester bundesdeutscher Geher hinter vier Ostdeutschen (so wurden die DDR-Athleten damals genannt) und zwei Russen, und damit der beste Athlet der westlichen Hemisphäre.

Das vorolympische Jahr 1971 stand im Zeichen der Europameisterschaften in Helsinki. Im Mai stellte der Fürther erst einmal den neuen bayerischen Rekord über die „Sprintstrecke“ 20 Kilometer auf. Im Juni folgte ein Länderkampf über 20 Kilometer in Vittel (Frankreich), Zweiter in 1:34:40 Stunden. Weiter ging die Hatz mit den Deutschen Meisterschaften in Önsbach über 50 Kilometer. Wieder Zweiter in 4:15:51 Stunden, aber für die EM in Helsinki qualifiziert. In Helsinki hatte sich Dr. Herbert Meier einen Virus eingefangen, aber dennoch ging er an den Start. Schließlich kapituliert man mit 37 Jahren nicht schon vor seinem größten Wettkampf. Fast 40 Kilometer hielt er durch und dann ging es nicht mehr weiter. Die Gesundheit ging vor. Schade bei dem größten Wettkampf seines Lebens aufgeben zu müssen – das ist hart. Im selben Jahr startete er noch bei einem Länderkampf in London über 35 Kilometer.

1972 das Olympiajahr. Guter Beginn beim 50-er im April in Salzgitter in 4:10:25 Stunden. Aber zum Länderkampf in Bremen, bei dem Bernd Kannenberg, der spätere Olympiasieger, eine neue Weltbestzeit aufstellte, wurde er nicht nominiert .Bei den Deutschen Meisterschaften am 17. Juni in Eschborn reichte es „nur“ zum fünften Platz und damit war die Nominierung für die Münchner Spiele dahin. Die deutschen Mannschaftstitel über 20 und 50 Kilometer mit Kannenberg und Alwin Reng konnten ihn nur bedingt trösten. Zum Abschluss der Saison 1972 noch ein 20-er beim Länderkampf gegen Schweden in Delmenhorst.

Wie sollte es weiter gehen? Von der Schule, er unterrichtete inzwischen am Gymnasium in Gunzenhausen, war keine Freistellung zu erwarten und mit 39 Jahren wird man selbst für den Ausdauersport Gehen langsam zu alt. Abschied vom Wettkampfsport nahm er am 29.09.1973 in Passau mit dem bayerischen Mannschaftstitel über 20 Kilometer. Eine kurze, nur vier Jahre dauernde Laufbahn war zu Ende. Neun Länderkämpfe, drei deutsche Meistertitel und 13 bayerische Titel errang der Studiendirektor Dr. Herbert Meier aus der Ottostraße in Fürth. Sein Beispiel könnte für viele heutige Athleten Vorbild sein. Auch jenseits der 30 ist es möglich, vor allem im Ausdauersport, noch sehr weit zu kommen.

Ende der 1970er und in den 1980er Jahre stand der Beruf, die Musik und das Hutscheln wieder im Vordergrund. Und etwas passierte dem überzeugten Single: Er traf eine alte Jugendfreundin wieder und verbringt nun bei Musik seinen Lebensabend gemeinsam mit ihr.

Dir lieber Herbert: Alles Gute zu deinem 80. Geburststag von den alten LAClern und der bayerischen und deutschen Gehergemeinde!