Fast schon ein Amerikaner, aber immer wenn`s drauf ankommt, ein waschechter Bayern: Sebastian Barth nimmt nach vollendeter Tat die Glückwünsche seiner Münchner Vereinskollegen für den Titel über 110 Meter Hürden entgegen.

Das größere Stehvermögen gab über 400 Meter den Ausschlag zugunsten von Christina Hering (links). Auf der Zielgeraden rang sie ihre Konkurrentin Laura Müller nieder.

Wir sind die Größten! Überglücklich ließ das Fürther Staffeltrio nach dem gelungenen Meisterschaftscoup die Muskeln spielen. Alle Fotos: Theo Kiefner

14.06.2015 21:16 // Von: Reinhard Köchl

Deutsche U 23-Meisterschaften Wetzlar Tag 2: Hering, Barth und die Fürther Staffel-Jungs legen nach

Doch, der Ausflug nach Nordhessen hat sich für die Bayern durchaus gelohnt. Insgesamt fünf Titel brachten die weißblauen Leichtathleten von den Deutschen U 23-Meisterschaften aus Wetzlar mit in den Freistaat. Am Sonntag kamen noch drei Mal Gold durch Christina Hering (400 Meter), Sebastian Barth (110 Meter Hürden) und die 3 x 1000-Meter-Staffel des LAC Quelle Fürth, drei Silberne (Lisa Marie Petkov, Konstantin Wedel und Nada Balcarczyk) sowie eine Bronzene (4 x 400; LG Stadtwerke München) dazu.

Finale furioso auf der Zielgeraden über 400 Meter: Christina Hering (LG Stadtwerke München) hatte zwischenzeitlich schon einen großen Rückstand auf die famos anlaufende Laura Müller (LSG Sbr.-Sulzbachtal). Doch die großgewachsene Bayerin hatte ihre Mittelstreckenfähigkeiten noch in der Tasche und packte einen fulminanten Endspurt aus. Kurz vor der Ziellinie kassierte sie die Titelverteidigerin aus Saarbrücken und drehte damit die Reihenfolge aus dem Vorjahr um. In 52,91 Sekunden siegte die amtierende Deutsche 800-Meter-Meisterin vor Müller (53,07 Sekunden). Über die Zeiten waren jedoch beide Athletinnen glücklich, denn sie unterboten damit erstmals die Norm für die U 23-EM.

Der packende Zweikampf hatte sich also gelohnt. Christina Hering war freilich überglücklich. „Die Zeit kann ich gar nicht glauben. Das ist eine Steigerung um sieben Zehntelsekunden. Auf der zweiten Hälfte bin ich stärker, das war meine Taktik. Obwohl ich eingangs der Zielgerade nicht sicher war, dass es klappt. Ich bin absolut fit und freue mich auch auf die nächsten 800-Meter-Rennen“, sagte Hering, die unter anderem in Wetzlar die Stadionrunde wählte, um sich für die Langstaffel in Tallinn zu empfehlen.  Die Bestzeiten des Duos sind nun exakt gleich.

EM-Norm auch für Sebastian Barth

Die zweite U 23-EM-Norm für Bayern und die LG Stadtwerke München gab es dann keine 30 Minuten später. Der Favorit wurde seiner Stellung gerecht und konnte ausgelassen jubeln. 13,82 Sekunden zeigte die Uhr für Sebastian Barth an, nachdem er die Ziellinie überquert hatte. Der Hürdensprinter freute sich, die Norm für Tallin von 13,85 Sekunden unterboten zu haben. Die Zeit wurde sogar noch auf 13,80 Sekunden korrigiert. Barth hatte sich einen packenden Zweikampf mit René Jonathan Mählmann (SV schlau.com Saar 05 Saarbrücken; 13,92 Sekunden) geliefert, der stark aus den Blöcken gekommen war und lange Paroli bot.

Sebastian Barth analysierte: „René war stark und war gleich dran, normalerweise habe ich an der ersten Hürde einen kleinen Vorsprung. Hinten raus war es total eng. Technisch war nicht alles perfekt, aber was will ich bei Bestzeit meckern.“ Vor knapp zwei Wochen war Sebastian aus den USA gekommen und hatte mit muskulären Problemen zu kämpfen. Von daher war er sehr zufrieden, auf den letzten Drücker auf den Tallinn-Zug aufgesprungen zu sein.

Fürther Staffel wehrt Braunschweiger Angriff ab

Dario Tippmann war der Held auf Fürther Seite – der Braunschweiger Fabian Brunswig hätte es werden können. Denn beim letzten Wechsel führte das LAC Quelle Fürth vor der LG Telis Finanz Regensburg, ehe Fabian Brunswig quasi aus dem Nichts kam und plötzlich die Führung für die LG Braunschweig übernahm. Doch Dario Tippmann hatte auf der Zielgeraden mehr Biss und rettete den Fürther Titel in 7:27,29 Minuten

Zuvor waren Arthur Voigt und Martin Weinländer für die Franken gelaufen, die sich stets unter den Top Zwei über die gesamten 3000 Meter aufhielten. Braunschweig mit Steffen Brümmer, Gerwin Meier und Brunswig holte Silber in 7:27,53 Minuten vor der LG Region Karlsruhe (7:31,17 min), die nach dem ersten Wechsel von Pascal Kleyer auf Holger Körner (dazu Christoph Kessler) noch in Führung gelegen hatte. Regensburg blieb mit Kilian Stich, Tim Ramdane Cherif und Tim Engelbrecht nur der undankbare vierte Rang (7:32,33 Minuten).

Doppelsilber holten die weißblauen Hindernisläufer über die 3000 Meter. Konstantin Wedel (LAC Quelle Fürth) sorgte anfangs für das Tempo, der Favorit Philipp Reinhardt (SV Einheit 1875 Worbis) konnte es geruhsam angehen. bereits in der Tasche, sodass er trotz Favoritenrolle das Rennen entspannt angehen. Allerdings schlug Reinhardt zu, als es an der Zeit war, nämlich nach dem letzten Wassergraben. Dort setzte er sich neben Wedel, im Formationsflug ging das Duo über das letzte Hindernis. Danach war der neue U 23-Meister nicht mehr zu bremsen und spurtete zum Sieg in 8:53,36 Minuten vor dem Fürther (8:53,76 Minuten).

Silber für Nada Balcarczyk und Lisa Marie Petkov

Mit großem Abstand zwar zur Siegerin Ronja Böhrer (SSC Bad Sooden-Allendorf), aber doch mit einer Menge Kämpferherz ergatterte sich Bergläuferin Nada Balcarczyk (LG Würm Athletik) die Vizemeisterschaft über die "Böcke". In 10:47,70 Minuten hielt die kleingewachsene Läuferin Lena Knirsch (LG Region Karlsruhe) in 10:49,19 Minuten nieder. Nur 19 Hundertstel fehlten Lisa Marie Petkov (LG Stadtwerke München) über 400 Meter zu Gold. Als neue deutsche Vizemeister steigerte sich die Münchnerin um 1,3 auf 58,49 Sekunden. An ihrer Nominierung für die U 20-EM in Eskilstuna dürfte spätestens seit Sonntag niemand mehr zweifeln. Ihre Trainingskameradinnen Lisa-Marie Jacoby, Christine Gess, Louisa Rieger und abermals Christina Hering ließen sich danach noch über 4 x 400 Meter mit Bronze (3:44,36 Minuten) hinter dem SV Preußen Berlin und dem LT DSHS Köln dekorieren.

Dass sich einige bayerische Talente trotz vorzüglicher Leistungen an diesem sommerlichen Meisterschaftstag nicht so recht freuen konnten, lag an der Tatsache, dass sie zwar viel Lob, aber kein Edelmetall bekamen. So konnte sich der gerade mal 17-jährige Felix Straub (LAC Quelle Fürth) über 200 Meter auf exzellente 21,47 Sekunden verbessern, wobei ihm ganze sechs Hundertstelsekunden zu Bronze fehlten. Sieben Hundertstel waren es bei Michael Adolf (DJK Ingolstadt), der nach langer Verletzungspause seine Bestzeit als Vierter des 400 Meter-Hürdenlaufes auf 52,58 Sekunden schraubte.

Bayern "pachten" Rang vier

Das Diskuswerfen der U 23-Junioren besaß während des ersten Durchgangs einen Überraschungsführenden. Der kam aus Bayern und hieß Christian Zimmermann (Kirchheimer SC). Gleich zu Beginn traf der 21-Jährige einen Wurf optimal, so dass die Zwei-Kilo-Scheibe auf den neuen Hausrekord von 55,27 Meter segelte. Dann jedoch wollte Zimmermann kein vergleichbarer Versuch mehr gelingen, so dass ihn die Favoriten Henning Prüfer, Sebastian Scheffel und Tony Zeuke ihn noch auf den "Blechrang" vier verdrängten. Dass die Bayern an diesem Tag offenbar den Platz neben Podest abonniert hatten, mussten besonders schmerzlich Christine Gess (LG Stadtwerke München) über 800 Meter in 2:10,05 Minuten, Katharina Winkler (LAC Quelle Fürth) über 100 Meter Hürden (13,90 Sekunden) sowie die Fürther 3 x 800 Meter-Damen Lena Göstl, Renee Havanga und Ann-Kathrin Wiertz (7:03,65 Minuten) erfahren. Letztere wurde außerdem noch über 1500 Meter Fünfte (4:36,61 Minuten). Dagegen freute sich Valerie Griesche (DJK Ingolstadt) über ihren vierten Platz im 3000 Meter-Hindernisfinale. Ihre 10:56,83 Minuten und die damit verbundene DM-Norm für Nürnberg hatte sie kaum erwartet.

Ebenfall ganz zufrieden war Tim Ramdane Cherif Cherif nach seiner neuen persönlichen Bestleistung über ebenfalls 1500 Meter in 3:51,07 Minuten als Fünfter in einem leistungsstarken Finale. Exakt die gleich Platzierung gelang Jamie Williamson (LAC Quelle Fürth) über 800 Meter. Der vorjährige Deutsche U 18-Meister lief in einem beherzten Rennen 1:52,69 Minuten vor Adrian König-Rannenberg (LG Stadtwerke München; Siebter iun 1:53,54 Minuten) und Quirin Kappelmeier (LG Kreis Dachau; Achter in 1:53,99 Minuten). Samuel Aßmann (LG Karlstadt-Gambach-Lohr) wurde über 400 Meter Siebter in 48,16 Sekunden, ebenso wie Ivane Antonov im Dreisprung (14,97 Meter) vor seinem jüngeren Bruder Dimitri (beide MTV 1881 Ingolstadt) auf Platz acht (14,87 Meter). Für Tona Präger (LAC Quelle Fürth) gab es im Dreisprung mit 12,02 Metern den sechsten Rang, während Magdalena Scheffl (LG Würm Athletik) im Speerwerfen Siebte (47,37 Meter) wurde.