Prickelnde Atmosphäre: Die zweiten Deutschen U 16-Meisterschaften im Kölner NetCologne Stadion erwiesen sich als absolute Bereicherung im Veranstaltungkalender des DLV - auch für die bayerischen Athleten. Foto: Dirk Gantenberg

Die Kleinste war die Größte: Carolin Bauer holte mit einer überragenden Vorstellung Gold im Stabhochsprung.

Lavinja Jürgens wurde Deutsche Vizemeisterin im Dreisprung und kratzte bereits an der Zwölf-Meter-Marke. Foto: Dirk Gantenberg

Noch ein Gesicht, dass man sich merken muss: Nina Bauch verpasste um Haaresbreite den Titel über 300 Meter und wurde Deutsche Vizemeisterin.

Silber gab es auch für Lisa Basener (links). Sie konnte als Einzige dem Tempo der hohen Favoritin Paulina Kayßer (rechts) folgen. Foto: Alfred Basener

Selina Dantzler freute sich über ihren zweiten Platz im Kugelstoßen.

Nick Kocevar gelang es, sowohl im Weitsprung wie auch im Sprint unter die Besten seines Jahrgangs in Deutschland vorzustoßen. Über 100 Meter gewann er die Bronzemedaille. Foto: Mitja Kocevar

13.08.2015 09:01 // Von: Reinhard Köchl

Deutsche U 16-Meisterschaften Köln: Erneut zehn Medaillen für Bayerns Nachwuchs

Das Experiment entwickelt sich immer mehr zum unverzichtbaren Dauerbrenner. Die zweiten Deutschen U 16-Meisterschaften im Kölner NetCologne Stadion erweisen sich als richtiger Impuls des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) zur noch früheren Förderung des Nachwuchses. Auch für den Bayerischen Leichtathletik-Verband (BLV) brachte Köln wertvolle Erkenntnisse. Wie schon bei der Premiere 2014 gab es auch heuer wieder zehn Mal Edelmetall sowie einen Titel durch Stabhochspringerin Carolin Bauer.

In punkto Atmosphäre waren die U 16-Titelkämpfe im Schatten des Müngersdorfer Stadions, wo der 1. FC Köln seine Fußball-Bundesligaspiele austrägt, allenfalls mit den „großen“ Deutschen Meisterschaften in Nürnberg zu vergleichen. Rund 2000 begeisterte Zuschauer säumten an beiden Tagen die Tribüne, beklatschten jeden Lauf frenetisch und spendeten bei den technischen Disziplinen ebenso fachkundigen wie unterstützenden Beifall. Die Jugendlichen, für die es zum allergrößten Teil die ersten Deutschen Meisterschaften mit dem Adrenalin fördernden Callroom-Procedere waren, schlugen sich überwiegend prächtig und erwiesen sich auf einem für ihr Alter bereits erstaunlich hohen technischen und taktischen Stand. Für die Trainer gab es zwischen den Wettkämpfen aufschlussreiche Referate über die sinnvolle Förderung von Talenten in der Leichtathletik, und eine Reihe anwesender Bundestrainer hielt bereits nach Talenten für die Olympischen Spiele 2024 Ausschau.

Gut möglich, dass darunter auch einige Sportler aus Bayern sein könnten. Zwar gab es 2015 nur ein Mal Gold im Gegensatz zu gleich vier Top-Platzierungen im Jahr zuvor. Doch so manches Talent verpasste den obersten Podestplatz nur hauchdünn und offenbarte obendrein ein Menge Entwicklungspotenzial in den nächsten Jahren. Dieses auszuschöpfen wird das oberste Ziel der Heimtrainer in enger Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen des Verbandes sein, denn der BLV will sein Augenmerk künftig verstärkt auf einen gelungenen Übergang von der U 16 in die nächsthöhere Altersklasse U 18 richten.

Carolin Bauer überragt alle

Interessant dürfte dabei zu beobachten sein, wie sich Carolin Bauer (TSV Gräfelfing), die neue Deutsche U 16-Meister im Stabhochsprung, schlägt. Mit der exzellenten Höhe von 3,60 Meter lag die 15-Jährige, die erst vor gut zwei Jahren vom Turnen zur Leichtathletik kam, in Köln gleich um 20 Zentimeter vor der Zweiplatzierten. Schade nur, dass Naomi Renz (TuS Bad Aibling) für ihre ebenfalls bärenstarken 3,30 Meter nur der vierte Platz im Endklassement übrig blieb. Ein großes Talent im Dreisprung wächst mit Lavinja Jürgens (TSV Kranzegg) heran. Hinter der überragenden Alisa Semonova (Dresdner SC; 12,33 Meter) kratzte die groß gewachsene Allgäuerin an der Zwölf-Meter-Marke sowie am Bayerischen Rekord von Stefanie Aeschlimann. Für ihre 11,92 Meter gab es allerdings Silber. Außerdem stellte Lavinia Jürgens mit einem siebten Platz im Hochsprung (1,65 Meter) ihre Vielseitigkeit unter Beweis.

Fast hätte es für Nina Bauch (LG Augsburg) über 300 Meter zum Titel gereicht. Auf den letzten Metern des Finals drängte sich allerdings Laura Kaufmann (Erfurter LAC) an ihr vorbei und gewann in 39,64 Sekunden gegenüber 39,91 Sekunden der jungen Schwäbin. Ebenfalls über eine beträchtliche Steigerung, wenn auch keine Medaille, durfte sich Johanna Berrens (SV Steinheim) freuen. Mit 40,84 Sekunden kam sie auf Rang vier. Silber für eine bayerische Sportlerin gab es auch über 300 Meter Hürden, und zwar durch die schnelle Marla Gebauer (LG Karlstadt-Gambach-Lohr). Ihr Abstand zur späteren Meisterin Melanie Böhm (LG Neckar-Enz) war mit 44,42 zu 44,31 Sekunden allerdings noch einen Tick kleiner. Für Sophie Sachsenhauser (SWC Regensburg) blieb Rang sieben (47,12 Sekunden).

Lange Zeit bot Lisa Basener (MTV 1881 Ingolstadt) über 3000 Meter der großen Favoritin Paulina Kayßer (Sport-Club Itzehoe) Paroli, saß ihr im Nacken und ging sogar jeden Tempowechsel mit. Nur in der letzten Runde musste Basener die Überlegenheit ihrer Konkurrentin, die unaufhaltsam davonzog, anerkennen. Dennoch strahlte sie über Silber und ihre neue Bestzeit (10:26,38 Minuten), ebenso wie Lara Fischer (LAC Quelle Fürth), die sich auf 10:35,90 Minuten steigern konnte und damit Rang sechs belegte.

Selina Dantzlers „Vize-Stoß“ mit der Kugel

Insgeheim hatte Selina Dantzler (LG Stadtwerke München) im Rheinland mit zwei Medaillen geliebäugelt. Dass es „nur“ eine wurde, kann die vorjährige Deutsche W 14-Blockmeisterin bestimmt verschmerzen. Beim Kugelstoßen schaffte sie mit der zweitbesten Weite ihrer Karriere (14,95 Meter) den die Vizemeisterschaft hinter Juli Steuer (Sportclub Magdeburg; 15,31 Meter). Im Diskuswerfen schrammte die Münchnerin mit 39,99 Meter um einen Wimpernschlag an der 40-Meter-Marke vorbei, was sie in der Endabrechnung auf Platz vier hievte. Antonia Kinzels (LAZ Kreis Günzburg) Wurfscheibe schlug nur unweit dahinter auf, nämlich bei 38,91 Meter (Rang sechs).

Selina Dantzlers Mannschaftskameradinnen Iris Herbst, Denise Jaeschke, Amalie Korn und Louise Wieland hatten zuvor bereits für einen Paukschlag gesorgt. Im Vorlauf über 4 x 100 Meter verbesserte sie den erst vor drei Wochen aufgestellten Bayerischen U 16-Rekord des LAC Quelle Fürth auf 48,65 Sekunden. Im Finale klappten dann die Wechsel nicht so gut. Dennoch belegte das Quartett der LG Stadtwerke München mit 49,11 Sekunden und zwei Mädchen, die dem Jahrgang 2001 angehören, den dritten Platz und durfte sich über Bronze freuen. Die Fürtherinnen traten dagegen ersatzgeschwächt an, qualifizierten sich aber dennoch für den Endlauf, kamen hier aber nicht ins Ziel.

Letitia Burdich (UAC Kulmbach) setzt in der U 16 die große Hammerwurf-Tradition aus Kulmbach fort. Mit 48,21 Meter durfte sie sich in Köln über Bronze freuen. Ein kleines Drama hatte sich bereits vor Beginn des Wettkampfes abgespielt, als vergessen wurde, für Nancy Randig (SWC Regensburg), eine der Mitfavoritinnen, die Stellplatzkarte abzugeben. So musste die Oberpfälzerin unverrichteter Dinge wieder nach Hause fahren. Über 800 Meter erreichte Bayernmeisterin Susanne Brünning (LG Landkreis Kelheim) das Finale und wurde hier Fünfte (2:20,32 Minuten).

Dass es für die Jungs aus dem Freistaat nur zwei Treppchenplätze gab, lag nicht zuletzt am kurzfristigen Ausfall von Lauf-Hoffnung Florian Bremm (TV Leutershausen), der sich in den letzten Schultagen beim Fußballspielen eine Verletzung zugezogen hatte. So galt es für Paul Schäfer (LG Stadtwerke München) in erster Linie, die Vizemeisterschaft im Speerwerfen mit neuem Hausrekord von 57,92 Meter hinter dem alles überragenden Luca Mazzei (SG Schorndorf; 64,76 Meter) abzusichern. Obwohl Schäfers starker Vereinskamerad Linus Limmer (PB: 57,03 Meter) wegen einer Urlaubsreise nicht nach Köln gekommen war, vertrat ihn Michael Wagenbauer (LG Chiemgau-Süd) mit dem vierten Rang und 55,12 Meter nahezu gleichwertig. Nimmt man noch Jonathan Scheffel (LAZ Inn) als Zehnten mit 50,27 Meter, so boten die bayerischen Nachwuchs-Speerwerfer bei den „Deutschen“ ein prächtiges Bild.

Nick Kocevar auf Platz im Sprintfinale

Ein bisschen sah man Nick Kocevar (TSV Bad Endorf) die Enttäuschung nach dem 100-Meter-Finale schon an. Zwar hatte der 15-jährige Oberbayer gerade in einem starken Feld mit 11,27 Sekunden die Bronzemedaille gewonnen, doch nach der besten Vorlaufzeit von 11,17 Sekunden war Kocevar urplötzlich in die Favoritenrolle gerückt. Im Weitsprung musste sich der ehrgeizige junge Mann dann noch mit dem siebten Rang in allerdings beachtlichen 6,41 Meter zufrieden geben. Ein Bayer sprang allerdings noch einen Tick weiter: Yannick Wolf (Sportclub Baierbrunn) wurde Sechster mit 6,43 Meter. Auch über 100 Meter schaffte noch ein Sprinter aus dem Freistaat den Einzug ins A-Finale. Maximilian Fischer (MTV 1881 Ingolstadt) kam zeitgleich mit dem Sechsten in 11,52 Sekunden auf Rang sieben.

Erst im letzten Durchgang musste Diskuswerfer Fabian Frühholz (LG Stadtwerke München) die schon sicher geglaubte Bronzemedaille abgeben. Mit neuem Hausrekord von 53,10 Meter wurde er Vierter. Ebenfalls die Plätze neben dem Podest blieben trotz guter Leistungen den Stabhochspringern Oliver Naaß (Vierter mit 3,90 Meter) und Paul Tretter (Fünfter mit 3,80 Meter; beide TV 1860 Gunzenhausen). Im Hochsprung kam Benedikt von Hardenberg (LG Landkreis Roth) auf Platz fünf (1,79 Meter), Dimitij Touev (TSV Bad Kissingen) im Dreisprung (12,33 Meter) und Florian Bauer (LG Augsburg) über 800 Meter (2:02,61 Minuten) wurden Sechste, während Nick Samuel Braune (LG Sempt) ebenfalls den Sprung ins A-Finale über 80 Meter Hürden schaffte, wo er Rang fünf (11,20 Sekunden) belegte.