Bronze für Bayern: Marius Broening (im Vordergrund) und Tobias Unger im 4 x 100-Meter-Finale von Barcelona. Foto: Kiefner

01.08.2010 20:46 // Von: Reinhard Köchl

EM Barcelona: Bayern feiert drei Medaillengewinner

Traumhafter Abschluss nicht nur für das deutschen Team bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Barcelona, sondern auch für die bayerischen Starter. Am letzten Tag holte Fabienne Kohlmann (LG Karlstadt-Gambach-Lohr) sensationell Silber mit der 4 x 400 Meter-Staffel. Die Sprintstaffel der Männer mit Tobias Unger und Marius Broening (beide LG Stadtwerke München) gewann dank einer geschlossenen Mannschaftsleistung Bronze in 38,44 Sekunden.

Eine Medaille war das große Ziel der deutschen 4x 400-Meter-Läuferinnen. Dass sie am Sonntagabend bei der EM in Barcelona dann aber tatsächlich Silber hinter den haushohen Favoritinnen aus Russland (3:21,26 min) holten, war dann doch ein Coup. In 3:24,07 Minuten war das deutsche Quartett dann noch schneller als bei der WM im vergangenen Jahr in Berlin, als man bereits in 3:25,08 Minuten überraschte.

Fabienne Kohlmann, die im Vorlauf noch geschont worden war, hatte als Startläuferin einmal mehr hervorragende Vorarbeit geleistet und auf die Wattenscheiderin Esther Cremer gewechselt, die dann sofort auf Platz zwei hinter den Russinnen stürmte. Den Silberplatz galt es dann für die Magdeburgerin Janin Lindenberg und die Potsdamerin Claudia Hoffmann zu verteidigen. Beide waren stark genug, um die Angriffe der Britinnen Lee McConnell und Perri Shakes-Drayton, denen am Ende 25 Hundertstel zu Silber fehlten, abzuwehren.

Eine ausgiebige Ehrenrunde war die verdiente Belohnung. „Wir wollten eine Medaille, wir haben eine gekriegt", brachte eine überglückliche Fabienne Kohlmann die Stimmung im bundesdeutschen Quartett auf den Punkt. "Ich habe vorher über die Hürden zwei Bestleistungen aufgestellt. Ich gehe als sehr glückliche Athletin wieder nach Hause. Am Ende meiner Runde war ich ein bisschen kaputt wie immer. Das gehört aber dazu. Als Esther dann ihre Runde fertig hatte, war ich auch schon wieder fit. Die Ehrenrunde war schön. Es waren zwar immer Ordner da, die gesagt haben, wir sollen uns beeilen, aber wir haben uns Zeit gelassen. So etwas erlebt man nicht so oft. Über die Zeit hatte ich mir vorher keine Gedanken gemacht, aber ich wusste, dass wir sehr stark aufgestellt sind. Deshalb hatte ich mir schon gedacht, dass es eine Zeit wird, die besser ist als letztes Jahr. Dass es dann gleich eine ganze Sekunde ist, das dachte ich nicht. Wir verstehen uns in dieser Staffel gut. Wir sind einfach toll.“

"Ich laufe seit 2003 in der Staffel und ich wollte immer mit einer Medaille nach Hause kommen. Heute ist uns das mit so einer Riesenzeit gelungen", freute sich Schlussläuferin Claudia Hoffmann noch ganz außer Atem über den traumhaften Rennausgang. "Man kann nur sagen, alle vier Mädels haben einen tollen Job gemacht. Kurz vor der Ziellinie habe ich gemerkt, dass es reicht. Ich hatte gespürt, dass die Britinnen hinten dran sind, aber ich habe mir gedacht: Komm, fighte dem Silber entgegen, und da kam mir mein 800-Meter-Training entgegen. Wir wollten auf jeden Fall eine Medaille, welche Farbe die hat war uns eigentlich egal. Jetzt ist es Silber geworden und das ist um so toller."

Auch bei Janine Lindenberg kannte die Freude keine Grenzen: "Wir haben eine Medaille, super! Die Zeit ist wirklich überragend, da haben wir uns selbst übertroffen. Mein Rennen war sehr gut. Es war aber schwierig, weil keiner direkt hinter mir war. Dann war ich natürlich außer Puste, wollte aber dennoch anfeuern obwohl ich kein Wort herausbekommen habe. Als Claudia (Hoffmann) auf dem zweiten Platz lag, hatte ich keine Bedenken mehr. Claudia ist die älteste und erfahrenste Läuferin bei uns. Ich war mir sicher, dass sie Rang zwei hält."

"Ich bin wieder schnell durch die Kurve gekommen", schilderte Esther Cremer ihre Renneindrücke. "Das Reinziehen ging völlig problemlos. Ich hatte echt ein bisschen Bammel, dass es Geknubbel gibt im Finale. Es kam aber keiner von rechts und von links. Auch die Russin war noch nicht so weit weg. Ich habe nur gedacht: Esther, ob du nicht vielleicht ein bisschen zu schnell unterwegs bist? Aber es war total toll. Ich konnte im Ziel sogar noch stehen und gehen."

Bronze für Unger und Broening

Als Schnellste der Vorläufe waren die deutschen Staffelsprinter in Barcelona ins Finale eingezogen, als Dritte beendeten sie am Sonntagabend den Endlauf. Hinter Frankreich (38,11 Sekunden) und Italien (38,17 Sekunden) holten sich die Münchner Tobias Unger und Marius Broening, Alexander Kosenkow aus Wattenscheid und der Chemnitzer Martin Keller in 38,44 Sekunden Bronze.

Mit sicheren Wechseln brachte das deutsche Team das Staffelholz einmal um die Rundbahn und holte die erste Medaille einer deutschen Staffel bei Europameisterschaften seit 2002 in München. Auch damals hatte Alexander Kosenkow schon im deutschen Team gestanden.

Geschichte schrieb ein anderer. Dem Franzosen Christophe Lemaitre gelang es als erstem Sprinter, bei einer Europameisterschaft sowohl über 100 und 200 Meter, als auch mit der 4x100-Meter-Staffel Gold zu gewinnen. Als Startläufer im Team der Franzosen stand der erst 18 Jahre alte Jimmy Vicaut, der noch in der vergangenen Woche bei den U20-Weltmeisterschaften in Moncton (Kanada) Dritter über 100 und 4x100 Meter geworden war.

Marius Broening hatte auch gleich den Grund für das geglückte Gemeinschaftsunternehmen ausgemacht: „Heute haben uns nicht die Staffelwechsel nach vorne gebracht, sondern unsere läuferische Leistung. Für mich ist es die erste internationale Medaille im Männerbereich. Bei den Einzelrennen habe ich mir schon gewünscht, auf der Bahn zu stehen. Ich habe jeden Tag trainiert und bin am Ende vor dem Staffelvorlauf fast geplatzt vor Spannung. Gestern mussten wir 25 Minuten vor dem Start noch die Staffel umstellen, weil sich Sebastian Ernst verletzt hatte. In dieser Reihenfolge waren wir diese Saison noch gar nicht gelaufen.“

„Die Freude kommt noch, im Moment bin ich noch zu angespannt", beruhigte Tobias Unger die Umstehenden ob seiner skeptischen Miene. "Vielleicht waren unsere Wechsel etwas zu sicher, aber wir wollten das Holz unbedingt ins Ziel bringen. Die Windbedingungen waren auch nicht ganz einfach. Unser Minimalziel, eine Medaille, haben wir erreicht. Aber ein bisschen hatten wir schon auf mehr spekuliert. Aber läuferisch konnten wir mit denen ganz vorne nicht mithalten.“

Bei der deutschen 4 x 400 Meter-Staffel der Männer, die 3:02,65 Minuten um Haaresbreite an Bronze vorbeischrammte, fehlte ausgerechnet an seinem 24. Geburtstag Jonas Plass (asics Team Wendelstein). Nach dem Vorlauf vom Samstag wurde er im Finale durch Eric Krüger (SC Magdeburg) ersetzt.