Die Flucht nach vorne ergreifen wollte Patrick Schneider im 400-Meter-EM-Halbfinale. Ein Unterfangen, dass sich leider nicht auszahlte.

Erfolgreich "eingeschläfert": Christina Hering (links) wurde im Halbfinale ein Opfer der Taktik der Britin Lindsey Sharp. Fotos: Theo Kiefner

08.08.2018 21:20 // Von: leichathletik.de/LG Stadtwerke München

EM Berlin: Finalläufe finden ohne Patrick Schneider und Christina Hering statt

Aus der Traum vom EM-Finale für Patrick Schneider (LAC Quelle Fürth) und Christina Hering (LG Stadtwerke München). Der 400-Meter-Sprinter und die 800-Meter-Läuferin kamen am Mittwochabend bei den Kontinentaltitelkämpfen im Berliner Olympiastadion nicht über ihre jeweiligen Halbfinals hinaus. Das Fazit lautet: Alles versucht, aber die europäische Spitze liegt doch noch einen Tick weit entfernt.

Der Einzug ins Finale war von Anfang an eine fast nicht zu lösende Aufgabe für Patrick Schneider, wenn man sich die Bestzeiten der Konkurenz ansah. Da hieß es Risiko gehen. Aggressiv lief der Deutsche Vize-Meister auf der Gegengeraden an den Iren Davide Re heran, der auf der Bahn vor ihm gestartet war. Nach dem schnellen Anfangstempo wurden auf den letzten 100 Metern aber die Beine schwer und der Schützling von Trainer Harald Schmaus kam als Achter nach 46,58 Sekunden an. Diesen Halbfinal-Lauf gewann der Pole Karol Zalewski in neuer Bestzeit von 45,11 Sekunden. Für das Erreichen des Finals war eine ganz tiefe 45er-Zeit gefordert. Schneider war erst bei der DM in Nürnberg zum ersten Mal unter 46 Sekunden (45,82 Sekunden) geblieben.

"Ich denke, ich bin mutig angegangen, zu mutig vielleicht, zu schnell", rekapitulierte Patrick Schnieder sein Halbfinale in brütender Hitze. "Deswegen bin ich auch nicht an meine Bestzeit herangekommen. Es war trotzdem hammergeil, vor Heim-Publikum zu laufen. Das beflügelt, ich habe versucht alles zu geben, aber die letzten 100 Meter waren diesmal zu lang. Den Vorlauf habe ich gut verkraftet, ich habe mich spritziger als gestern gefühlt, aber habe mir das Rennen nicht gut eingeteilt."

Kein Abschiedsgeschenk für Daniel Stoll

Ihren großen Traum vom Finale konnte sich Christina Hering ebenfalls nicht erfüllen. Im Windschatten der anderen Athletinnen laufend, schwamm sie im Feld mit, das sich belauerte. Hering ging das Rennen zügig an und hätte sich nach der ersten Kurve an die Spitze des Feldes setzen können. Doch die Münchnerin reihte sich außen laufend auf Position vier ein und überließ die Tempoarbeit der Britin Linsey Sharp, die, so Herings Heimtrainer Daniel Stoll, das Feld „erfolgreich einschläferte“. Erst bei 600 Metern wagte die Polin Angelika Cichocka, die immer noch amtierende Europameisterin über 1500 Meter des Jahres 2016, einen Vorstoß. Eine Attacke, die Christina Hering nicht mitgehen konnte. In 2:04,04 Minuten wurde sie Sechste in ihrem Halbfinale, eine Zeit, die nicht zum Weiterkommen reichte.

„Ich hatte mich auf ein anderes Rennen eingestellt, hätte mich trauen müssen an die Spitze zu gehen, weil ich so viel Schwung hatte. Ich hatte auf eine schnelle erste Runde gehofft, die war es aber gar nicht. Im Gegenteil, das war langsamer als gestern im Vorlauf. Ich habe dann auch zwei, drei Strauchler mitbekommen, das hat Kraft gekostet und dann konnte ich nicht mehr mitgehen. Jetzt bin ich natürlich enttäuscht. Ich hätte meinem Trainer Daniel Stoll gerne ein Abschiedsgeschenk gemacht, bevor er jetzt nach Israel geht“, sagte die Münchnerin nach ihrem Ausscheiden.

Herings langjähriger Heimtrainer Daniel Stoll reist aus Berlin direkt nach Israel, um dort für die Dauer von drei Jahren als Gymnasiallehrer an einer internationalen Schule zu unterrichten. Stoll hatte Hering seit ihrer Schülerzeit beim LG-Mitgliedsverein PSV München betreut und sie – gemeinsam mit Andreas Knauer – zur erfolgreichsten deutschen 800-Meter-Läuferin der vergangenen Jahre geformt.