Peter Seidl, der Deutsche Meister im Roll-Stuhltennis, trainiert mit Kindern und Jugendlichen. Foto: Thomas Jäger

11.09.2018 09:46 // Von: Karin Seibold

Niederbayerische Nachwuchs-Leichtathleten und behinderte Kinder praktizieren lnklusion

Die Rollstühle gleiten über die Laufbahn. Zum Start brauchen die Kinder in den Fortbewegungshilfen länger als ihre jungen Sportkollegen auf zwei Beinen. Doch nach einigen Sekunden nehmen die Gefährte Geschwindigkeit auf und der Wettbewerb ist fast ausgeglichen. "Sport kennt keine Grenzen": Unter diesem Motto haben sich in Plattling Jugendliche Leichtathleten aus ganz Niederbayern mit körperbehinderten Schülern der Don Bosco-Schule in Passau zum gemeinsamen Sporteln getroffen.

Unterstützt wurde der Projekttag von der Stiftung der Passauer Neuen Presse. "Die Stiftung der PNP hat hier außerordentlich Gutes getan“, sagt daher auch der Passauer Landtagsabgeordnete und Bezirksvorsitzende der Niederbayerischen Leichtathleten, Gerhard Waschler, in seinem Grußwort. "Bayernweit war sowas in der Form noch nicht da", ist er überzeugt.

"Es ist ein Projekt, bei dem junge Menschen sich Hand in Hand gemeinsam Herausforderungen stellen", freut sich auch die Stiftungsbeauftragte der Passauer Neuen Presse, Eva Maria Fuchs. Der Projekttag sei ein "wunderbares Miteinander von Mensch zu Mensch, bei dem man Barrieren überwindet".

50 aktive junge Leichtathleten aus 21 niederbayerischen Vereinen sind zum Trainingslager in Plattling gekommen, an diesem Tag trainieren sie gemeinsam mit zehn Schülern der Passauer Don Bosco-Schule. Selin aus Pocking ist eine der Don-Bosco-Schülerinnen. Elf Jahre ist sie alt, seit etwa vier Jahren spielt sie Rollstuhl-Tennis. Es sei ein schöner Tag. "Ja", sagt sie, vor allem der Wettlauf mit den anderen hat ihr gut gefallen. Auch der 13-jährige David sitzt im Rollstuhl, auch er spielt seit etwa zwei Jahren Tennis. "lch find's gut, dass es so einen Tag wie heute gibt“ sagt er. Es mache Spaß, bejaht auch der 15-jährige Kilian.

„Für unsere Kinder ist es großartig, gemeinsam Sport nicht nur zu machen, sondern zu erleben“ sagt der Leiter der Don Bosco-Schule Passau, Karl Bischof. "Wann haben sie sonst schon mal die Gelegenheit, einen Speer oder einen Diskus in die Hand zu nehmen?"

Auch ein Star ist mit dabei an diesem Tag: Peter Seidl, Deutscher Meister im Rollstuhl-Tennis, trainiert gemeinsam mit den Kindern. "Es ist ganz wichtig für die lnklusion, dass gesunde Kinder das auch mal sehen, wie es ist, im Rollstuhl zu sitzen", sagt er. Nach einem Motorradunfall vor Jahrzehnten sitzt Seidl im Rollstuhl, seit 27 Jahren, sagt er, spiele er nun schon Rollstuhl-Tennis.

Den Vormittag über trainieren die Jugendlichen so wie immer, am Nachmittag werden die Zeichen umgedreht. Dafür baut Schulleiter Bischof mit seinen Helfern mehrere Parcours auf. In Rollstühlen dürfen sich die jungen Leichtathleten an die Aufgabe wagen. "Interessant", findet der 15-jährige Markus aus Zeilarn (Landkreis Rottal-lnn) das. Und sagt: "Man ist schon arg abhängig von anderen, wenn man im Rollstuhl sitzt." Auch Simon (14) aus Landshut ist mit dabei. "Ich finde es gut, dass die uns zugucken und wir ihnen", sagt er. Vor diesem Tag sei er nur einmal im Rollstuhl seiner Oma gesessen, erzählt Simon. "Das ist krass, was da alles verändert werden muss, damit man durchkommt", sagt er. 'Anstrengend" findet Hannah (15) aus Landshut das Rollstuhl-Fahren. „Aber es ist schon gut, dass wir mal sehen, wie die Sport machen - und sie uns zuschauen können“

"Die Jugendlichen müssen aus ihrer Komfort-Zone."

„Anfangs ist bei manchen sicher eine gewisse Hemmschwelle da, aber am Ende des Tages werden alle feststellen, dass Sport keine Grenzen kennt", sagt der Koordinator der Leichtathleten und der Veranstaltung, Andreas Schaub. "Die Jugendlichen müssen aus ihrer Komfort-Zone mal rauskommen und sehen, wie andere ihr Leben meistern.“ Der 14-jährige Mago aus Pfarrkirchen hat den Rollstuhl-Parcours mittlerweile hinter sich gebracht. "Schwierig zu lenken", stellt er fest. "Der kippt leicht, da muss man total aufpassen“ stimmt ihm die 15-jährige Franzi aus Altenbuch (Kreis Dingolfing-Landau) zu.

Ob das Projekt Wiederholung findet? „Wir wollen das auf alle Fälle fortsetzen, wenn wir das irgendwie hinkriegen", verspricht Waschler. Und Stiftungsbeauftragte Eva Maria Fuchs sagt: "lch bin mir sicher, dass das weitergehen wird. Und wir von der Stiftung der PNP sind da sicher mit dabei!“