Chiara Sistermann // Moritz Mühlpoitner // Annika Just // Geherinnen in Rot-Blau (rechts Julia Schmidt) // Maximilian Achhammer // Linda Meier (blaues Trikot) // Max Hübner // Christa Ammer // Niels Kremling // Schnelle Mädchen-Staffel mit (von links) Lea Hergenröther, Maria Anzinger, Annika Just und Mona Mark. Alle Fotos: Claus Habermann

27.05.2021 01:03 // Von: Tim Höhnemann

U 18-Vergleichskampf Ulm: Bayern muss nach hartem Kampf Gastgeber Sieg überlassen

Eigentlich hätten sich die besten U 18-Jugendlichen Bayerns schon traditionell zum selben Zeitpunkt in Brixen mit ihren Altersgenossinnen und Genossen aus Italien, Kroatiens und Baden-Württemberg messen sollen. Doch weil die beliebte Veranstaltung nun schon zum zweiten Mal Corona zum Opfer fiel, bot sich Baden-Württemberg dankenswerterweise relativ kurzfristig an, einen Vergleichskampf mit Bayern und Baden-Württemberg im Ulmer Donaustadion auf die Beine zu stellen. Bei überraschend günstigem Pfingstwetter landete des Nachwuchsteam aus dem Freistaat auf Rang zwei und musste sich nur der Gastgebermannschaft geschlagen geben. Dass das Endergebnis denkbar knapp ausfiel, lässt sich angesichts zahlreicher hochklassiger Leistungen und zahlreicher persönlicher Bestmarken mehr als verschmerzen. Den Glanzpunkt der Veranstaltung setzte aus bayerischer Sicht Chiara Sistermann (TSV Gräfelfing), die sich im Stabhochsprung mit U 20-EM-Norm von 4,06 Meter in neue Sphären katapultierte.

Bereits im zweiten Jahr wirbelt die Pandemie das Trainings- als auch das Wettkampfgeschehen in der Leichtathletik gehörig durcheinander. Langfristige Planung wurde dabei durch Anpassung an stets wechselnde Bedingungen ersetzt – was leider oftmals einen Schritt zurück, denn nach vorne bedeutete. Im Zeichen sinkender Inzidenzen und anstehender Lockerungen für den Sport setzte der vergleichsweise kurzfristig angesetzte Vergleichskampf der U 18-Auswahlen zwischen Hessen, Württemberg und Bayern in Ulm einen klaren Schritt nach vorne. Der Umstand, dass der U 18-Verbändekampf pandemiebedingt in Ulm seine Prämiere fand – die traditionellen Termine waren mit dem U 16-Vergleichskampf 2020 als auch dem Brixia-Meeting der U 18-Auswahlen 2020 und 2021 wie so viele Veranstaltungen nicht durchführbar – kann als positives Zeichen gesehen werden. Die Veranstaltung wurde im Ulmer Donaustation vom Gastgeber SSV Ulm und dem Württembergischen Leichtathletikverband mustergültig und auf sehr hohem Niveau organisiert und durchgeführt. So hatten die Konkurrenzen und der Wettkampfablauf jeweils den Hauch einer Jugend-DM inne, was einen wichtigen Erfahrungsbaustein in der Entwicklung der Nachwuchskaderathleten darstellt. Auch die Verantwortlichen der Verbände zeigten sich begeistert, so dass eine Fortführung des Vergleichskampfes für die U 18-Altersklasse auch bei Fortführung des Brixen-Vergleichs im Raum steht.

 

Chiara Sistermann katapultiert sich in neue Höhen

 

Da auch das Wetter mitspielte, waren die Voraussetzungen für Top-Leistungen gegeben. Lediglich der starke und wechselnde Wind, der teilweise bis zu zwei Meter von vorne oder von hinten blies, machte vor allem den horizontalen Sprüngen zu schaffen.

 

Davon unbeeindruckt blieb Christina Ammer (TuS 1860 Pfarrkirchen), die mit starken 12,04 Meter die volle Punktzahl im Dreisprung ins Ergebnis einbrachte. Ebenso abgeklärt zeigte sich Mehrkämpfer Jonas Perner (LG Fichtelgebirge) bei seinem Saisoneinstieg. Im Stabhochsprung ließ er der zum Teil stark mit dem Wind kämpfenden Konkurrenz mit 4,40 Meter keine Chance. Mit Nils Kremling (LG Landkreis Roth) zeigte ein weiterer Mehrkämpfer seine Sprungstärke und verbesserte seine Hochsprungbestleistung auf 1,94 Meter (Platz zwei).   

 

Den Glanzpunkt des Tages geschah am Nachmittag bei ruhigeren Verhältnissen wiederum an der Stabhochsprunganlage. Chiara Sistermann, die bereits bei 3,80 Meter eine neue persönliche Bestmarke verbuchte, sprang sich geradezu in einen Rausch und überquerte auch 3,90 Meter, 4,00 Meter und gar 4,07 Meter im ersten Versuch. Dies bedeutete neben dem Sieg vor der zweiten Bayerin und Vereinskollegin Lilly Samansky (3,90 Meter) nicht nur die magischen vier Meter sondern auch gleich als willkommene Zugabe die Qualifikationsnormen für die U 20-Europaschaften der nächsthöheren Klasse - und das für eine U 18-Sportlerin, für die es heuer leider keine internationalen Titelkämpfe gibt.

 

Passauer Nachwuchsschmiede als Punktelieferant

 

Eine weitere Schallmauer zu durchbrechen gelang Annika Just (LAC Passau), die sich über 100 Meter mit 11,82 Sekunden knapp gegen die hoch gewettete Hessin Laura Müller (11,89 Sekunde) durchsetzte. Außerdem wurde sie noch Zweite über 200 Meter in 24,80 Sekunden - ebenfalls neuer Hausrekord. Ein weiterer Passauer Sieg gelang Franziska Rohmann (LAC Passau) über 400 Meter mit 59,21 Sekunden, die fast genauso knapp vor ihrer bayerischen Teamkollegin Sonja Blöchl (LAZ Kreis Günzburg; 59,34 Sekunden) über die Ziellinie lief. Dass das LAC Passau aktuell im weiblichen Nachwuchsbereich herausragende Arbeit leistet, zeigen zwei weitere zweite Plätze durch Maria Anzinger (14,11 Sekunden; 100 Meter Hürden) und Linda Maier (4:40,14 Minuten; 1500 Meter). Karin Dobiasch (LG Würm Athletik) gelang es als Gesamtzweiter über 800 Meter, ihre gute Form mit einer Zeit von 2:13,81 Minuten erneut unter Beweis zu stellen.

 

 Starke Wurfleistungen als Basis

 

Die beste bayerische Leistung in der männlichen U 18 fand leider nicht in Ulm, sondern in Fürth im Odenwald statt, wohin (wie so häufig bedauerlicherweise) das Hammerwerfen ausgelagert werden musste. Dem zum Trotz gelang Linus Liebenwald (UAC Kulmbach) ein toller Wurf auf 63,16 Meter. Der Schützling von Martin Ständner bestätigte damit seine frische Bestleistung von Anfang Mai (63,77 Meter). Dem stand seine Schwester Leonie Liebenwald (UAC Kulmach) in nichts nach. Auch sie gewann die Hammerwurf mit starken 56,05 Meter. Einen weiteren bayerischer Sieg holte im Speerwurf durch Laura Val (LG Augsburg). Ihr Wurfgerät landete erst nach 48,07 Meter und neuer persönlicher Bestleistung. Im Kugelstoßen gab es einen weißblauen Doppelsieg durch den überragenden Georg Harpf (MTV 1881 Ingolstadt) der das Fünf-Kilo-Gerät auf 17,14 Meter wuchtete, und Mikosch Dahmen (LG Stadtwerke München; 16.32 Meter). Jakob Nützel (TSV Freystadt; 46,77 Meter) wurde mit dem Diskus nur um zwei Zentimeter geschlagen Zweiter, ebenso wie Max Hübner (UAC Kulmbach) mit dem Speer (59,71 Meter).

 

 Staffelpech und packendes Hindernisfinale zum Abschluss

 

Eine weitere starke Leistung zeigte Roman Kobar (TuS Traunreut), der sich mit 11,03 Sekunden (Platz zwei) über 100 Meter über eine „PB“ und den nächsten Schritt Richtung „sub10“ freuen durfte. Maximilian Achhammer (TSV Schwandorf) gelang auf der Stadionrunde ein weiterer bayerischer Disziplinsieg. Auf der Zielgerade überholte er alle Konkurrenten und hatte im Ziel mit 51,41 Sekunden denkbar knapp die Nase gegenüber dem Württemberger Julian Grabner (51,57 Sekunden) vorne. Im Dreisprung steigerte sich Valentin Viehbeck (TSV Winhöring) auf beinahe 13 Meter (12,94 Meter). Der Lohn: Platz zwei.

 

Früh zeigte sich, dass die Gesamtwertung auf ein Duell zwischen Bayern und Baden-Würrtemberg hinauslief. Vor der letzten Disziplin, dem männlichen Hindnernislauf, schob sich das Ranking dann noch einmal richtig eng zusammen, was sich auf die Taktik im Rennen übertrug. Hier zeigte der Hesse Jens Hellerich einen abgeklärten Start-Ziel-Sieg in 6:15,74 Minuten. Dahinter klemmten sich aber Moritz Mühlpointer (LG Stadtwerke München) und Marc Hegele (Aalen) an dessen Hinterrad und ließen bis zur Schlussrunde nicht abreißen. Im Spurt um Platz zwei behielt Mühlpointner zwar die Oberhand (6:16,84 Minuten), dennoch reichte es für Bayern in der Gesamtwertung mit 77 Punkten nicht ganz zum Sieg. Auf 79 Zähler kamen am Ende die Gastgeber aus Baden-Württemberg, die der BLV-Auswahl immerhin den Sieg in der weiblichen Teilwertung überlassen mussten. Zu verschmerzen war hier die Disqualifikation der männlichen Staffel, die vor Ort kurzfristig umgestellt werden musste und einen Wechsel überlief. Das weibliche Quartett (Lea Hergenröther; LAC Quelle Fürth – Annika Just; LAC Passau – Mona Mark; LG Augsburg; Maria Anzinger; LAC Passau) legte hingegen mit 46,64 Sekunden eine superschnelle Zeit mit erstaunlich sicheren Wechseln auf die Bahn und siegte klar vor Baden-Würtemberg (47,32 Sekunden) und Hessen (50,34 Sekunden).

 

BLV-Vizepräsident Sport und Mannschaftsleiter Reinhard Köchl fand nur lobende Worte für den Ausrichter wie auch für das Niveau der Veranstaltung und freute sich zudem über viele erreichte bayerische DM-Normen. Ebenso betonte er die Wichtigkeit von Wettkämpfen auf höhere Ebene für die Entwicklung der Nachwuchsleistungsträger und das Angebot der gesamten „leichtathletischen Disziplinpallette“. So waren wie beim Brixia-Meeting auch die Gehwettbewerbe mit dabei. Hier zeigte die frischgebackene Deutsche Vizemeisterin Julia Schmidt (SpVgg Niederaichbach) über 3000 Meter ihr Potential nur ansatzweise. Mit 15:35,93 Minuten gelang ihr dennoch ungefährdet der Sieg. In der männlichen Konkurrenz über 5000 Meter absolvierte Lukas Altenried (TSV Untermaiselstein) die Distanz als einziger Teilnehmer in 33:30,22 Minuten.