Ihre Wege trennen sich: Katharina Trost (links) darf weiter in Tokio bleiben, Christina Hering (rechts) muss abreisen. // Souverän: Alexandra Burghardt gewann ihren 100-Meter-Vorlauf. Fotos: LG Stadtwerke München, Gladys Chai von der Laage

31.07.2021 06:51 // Von: leichtathletik.de/Reinhard Köchl

Olympische Spiele Tokio: Burghardt und Trost eine Runde weiter, Hering scheidet aus

Ein lachendes und ein weinendes Auge gibt es aus bayerischer Sicht beim Blick auf die Ergebnisse des ersten Tages der Leichtathletik-Wettbewerbe bei den Olympischen Spielen in Tokio. Die Deutsche Doppelmeisterin Alexandra Burghardt (LG Gendorf-Wacker Burghausen) gewann souverän ihren Vorlauf über 100 Meter mit einer erneut starken Zeit. Über 800 Meter trennten sich die Wege der beide Trainingsgefährtinnen Katharina Trost und Christina Hering (beide LG Stadtwerke München). Während Trost eine Runde weiter kam, schied Hering im Vorlauf aus.

Sie ist einfach in Top-Form. Und das gibt Stärke und Sicherheit: Alexandra Burghardt hat bei ihrer olympischen Premiere ihren Vorlauf dominiert und ist in 11,08 Sekunden, nur sieben Hundertstel über Bestzeit, mit einem Sieg das Finale klargemacht. Zuvor war auch Tatjana Pinto (LC Paderborn; 11,16 Sekunden) als Vorlauf-Dritte direkt eine Runde weiter gezogen. Jede Menge Zeiten unter elf Sekunden, darunter 10,78 Sekunden von Marie-Josée Ta-Lou (Elfenbeinküste), 10,82 Sekunden von Rio-Olympiasiegerin Elaine Thompson-Herah und 10,84 Sekunden der zweimaligen Olympiasiegerin Shelly-Ann Fraser-Pryce (beide Jamaika) lassen auf schnelle und spannende Halbfinals hoffen.

 

"Technisch war der Lauf nicht ganz so gut. Ich hatte ein, zwei komische Schritte am Start", sagte Alexandra Burghardt anschließend. "Die Pick-up-Phase war dann ganz gut und hinten ist auch noch ein bisschen Luft. Ich würde mich freuen, im Halbfinale PB laufen zu können, ich glaube, das ist drin, wenn der Wind ein bisschen aus der anderen Richtung kommt. Es sind meine ersten richtigen Olympischen Spiele, und einen Vorlauf zu gewinnen ist schon geil! Ich bin einfach super positiv und vertraue auf mein Können, ich glaube, deswegen klappt es jetzt auch so gut. 2016 war ich Staffel-Ersatz, aber dieses Mal wusste ich, dass ich hier mit einer Mission bin, Mission PB. Ich habe von Anfang an gesagt, ich schaue von Rennen zu Rennen und möchte in jedem Rennen meine beste Leistung abrufen, das ist glaube ich im Moment ungefähr die 11,0. Ich hatte eine top Vorbereitung, auch zuletzt in Miyazaki war es wirklich super, ich habe top geschlafen, top gegessen, es war einfach alles ideal. Das Ziel ist im Halbfinale das gleiche: Ich möchte vorne dabei sein und meinen perfekten Lauf haben und dann schauen, wofür es reicht. Wenn es dann am Ende 11,01 oder 11,03 Sekunden sind, dann kann ich auch zufrieden sein, aber ich denke, für das Finale wird man definitiv unter 11 Sekunden bleiben müssen."

 

Katharina Trost mit dem kleinen q, Christina Hering nicht

 

Zwei unterschiedliche Rennverläufe über 800 Meter bescherten den Trainingspartnerinnen Katharina Trost und Christina Hering (beide LG Stadtwerke München) in ihrem Olympia-Vorlauf zwar jeweils den fünften Platz – aber leider nur ein deutsches Finalticket. Während Trost den schnellsten aller Vorläufe erwischt hatte, gingen die Führenden im Vorlauf von Christina Hering nach 200 Metern auf die Bremse, sodass sich nur die Top Drei das direkte Weiterkommen sicherten. Katharina Trost sprintete mit starken letzten 150 Metern nach 2:00,99 Minuten ins Ziel, diese Zeit sicherte ihr einen Halbfinal-Platz. Christina Hering konnte sich nicht mehr in die Top Drei vorschieben und war nach 2:02,23 Minuten ausgeschieden.

 

Katharina Trost rekapitulierte ihren Vorlauf bei leichtathletik.de wie folgt: "Mir war schon klar, dass es in dem Vorlauf echt schwer wird. Als ich gestern die Startlisten gesehen habe, musste ich erstmal schlucken. Ich wusste, dass die Mädels dieses Jahr schnell sind, aber das Niveau ist echt extrem. Ich weiß nicht, ob es vor vier Jahren schon genauso war, aber im Vergleich zur WM war das noch mal ein Level drüber. Ich wollte in meinem Vorlauf so weit vor kommen wie möglich. Darüber, dass es im Ziel der fünfte Platz war, war ich erstmal enttäuscht. Aber dass es jetzt so schön endet, hätte ich da auch noch nicht gedacht. Im nachhinein bin ich super zufrieden, auch wenn ich an der ersten Runde noch arbeiten muss – auch für morgen. Mir tut es wahnsinnig leid für Christina, sie hatte ja eine gute Position und dann sind die so langsam geworden. Aber über die große Q-Position weiterzukommen, war wahnsinnig schwer. Da brauchte man einfach auch ein Quäntchen Glück, und das war heute auf meiner Seite. Ich habe im Vorfeld gesagt: Halbfinale ist das Ziel. Und alles, was dann kommt, ist das i-Tüpfelchen. Dieses Jahr will ich aber mit mehr Mut und mehr Kraft an die Sache gehen als in Doha, da war ich noch vollkommen überwältigt. Ich habe mich um fast zwei Sekunden verbessert und bin auf jeden Fall gut drauf. Morgen werde ich noch mal alles geben, um das zu zeigen. Mal schauen, wohin mich das noch bringt, aber ich freue mich wahnsinnig auf morgen."

 

"Für mich kam es schon überraschend, dass die Kanadierin da komplett die Bremse reingehauen hat", erklärte eine enttäuschte Christina Hering. "Das hat für uns alle das Rennen irgendwie ein bisschen kaputt gemacht. Und im Endeffekt ist sie jetzt auch raus. Und dann hat sie sich noch mal richtig rausgedrängt bei 700 Metern, ich weiß nicht, inwieweit sie mich da richtig behindert hat, aber ich war dann gleich zwei, drei Meter hinten, und das konnte ich auf der Zielgeraden nicht aufholen. Das ist super bitter. Ich hatte ja schon einen sehr starken Vorlauf, aber ich hatte gehofft, dass es wenigstens eine schnelle Zeit wird. Zum Glück hat es Kathi noch geschafft, wir haben jetzt gerade noch zusammen gezittert bis zum letzten Lauf. Dann ist es jetzt wenigstens nicht für die ganze Trainingsgruppe super enttäuschend."