Bayerische Stabhoch-Dominatorin: Chiara Sistermann // Überraschungssieger: Georg Harpf // Lily Samanski // Die Jüngste holte über 60 Meter Bronze: Annika Just (rechts) // Hannah Wörlein sprang zum ersten Mal über sechs Meter // Dominik Idzan // Bayerisches Duo über 3000 Meter: (von links) Linda Meier und Franziska Drexler // Sebastian Kottmann // Schnelle 800-Meter-Mädels: (von links) Emma Lindner, Lisa Lankes. Fotos: Theo Kiefner, Claus Habermann

22.02.2022 11:10 // Von: Reinhard Köchl

Jugend-Hallen-DM Sindelfingen: Chiara Sistermann und Georg Harpf retten Bayerns Bilanz

Lange hatte es so ausgesehen, als würde der weißblaue Nachwuchs bei den diesjährigen Deutschen Jugend-Hallenmeisterschaften tatsächlich ohne eine Goldmedaille bleiben. Erst in der Schlussphase der zweitägigen Titelkämpfe im altehrwürdigen Glaspalast schlugen eine Stabhochspringerin und ein Diskuswerfer zu und retteten die diesmal bescheidene bayerische Bilanz. Während die Meisterschaft der vorjährigen U 20-EM-Vierten Chiara Sistermann (TSV Gräfelfing) nicht unerwartet kam, hatte mit Platz eins von Diskuswerfer Georg Harpf (LG Stadtwerke München) keiner gerechnet. Insgesamt gab es diesmal nur sieben Medaillen für die Sportlerinnen und Sportler des Bayerischen Leichtathletik-Verbandes (BLV) - bei den bislang letzten Deutschen Jugend-Hallenmeisterschaften 2020 in Neubrandenburg waren es noch 15 gewesen.

Über die Ursachen muss man auf jeden Fall diskutieren. Corona und seine Begleiterscheinungen mit der geforderten Impfung als Teilnahmevoraussetzung mögen sicherlich ein Grund gewesen sein, der die Starterfelder ausdünnte. So traten beispielsweise von insgesamt zwölf gemeldeten Hochspringerinnen am Sonntagmorgen nur ganze vier zum Wettkampf an. Eine ganze Reihe von U 20- und U 18-Sportlerinnen und -Sportlern ließen jedoch die Chance verstreichen, Meisterschaftsflair zu schnuppern und für den Sommer Erfahrungen zu sammeln, wenn im Ulmer Donaustadion die Deutschen Jugend-Freiluftmeisterschaften ausgetragen werden. Geschieht bis dahin keine Trendwende, sind der Spitzenplatz des Landesverbandes Bayern in der deutschlandweiten Punktewertung und die damit verbundenen Fördergelder in ernsthafter Gefahr.

 

Chiara Sistermann dominiert den Stabhochsprung

 

Mit übersprungenen 4,00 Metern hatte Chiara Sistermann (TSV Gräfelfing) den Sieg imStabhochsprung bereits frühzeitig klargemacht. Die Vierte der U20-EM war erst bei 3,80 Meter in den Wettbewerb eingestiegen. Die magischen 4,00 Meter meisterte sie im dritten Versuch und wehrte damit ihre starke Trainingspartnerin und Vereinskollegin Lilly Samanski (TSV Gräfelfing) ab, die ihr bis 3,90 Meter dicht auf den Fersen war. Danach ließ Chiara Sistermann einen neuen bayerischen Hallenrekord (4,21 Meter) auflegen und scheiterte an dieser Höhe nur knapp.

 

Sensationstitel für Georg Harpf

 

Mit dieser Schlagzeile hatte niemand gerechnet: Der deutsche Winterwurfmeister der Nachwuchsklasse U 18 im Diskuswurf kommt von der LG Stadtwerke München und heißt Georg Harpf. Der Schützling von Trainer Andreas Bücheler war erst zum Jahreswechsel vom MTV 1881 Ingolstadt in die Landeshauptstadt gekommen und gewann nun den Titel in Sindelfingen mit persönlicher Bestleistung von 51,89 Metern. Spannender hätte der Wettkampf kaum verlaufen können: Harpf lag in der Endabrechnung gerade einen Zentimeter vor Ole Mehlberg (SC Neubrandenburg). Beide hatten im dritten Durchgang ihre besten Versuche. Der Titelgewinn kann durchaus als kleine Sensation bezeichnet werden, denn der 17-jährige Münchner hatte lediglich die fünftbeste Vorleistung aufzuweisen. Im Kugelstoßen hatte Harpf tags zuvor in der älteren Altersklasse U 20 einen respektablen siebten Rang gegen teilweise zwei Jahre ältere Konkurrenz mit 17,40 Metern erreichte. Sein Vereinskamerad Dominik Idzan (LG Stadtwerke München) hatte sich Fünfter mit nur einem gültigen Versuch von 18,37 Meter ein bisschen mehr ausgerechnet.

 

Ebenfalls eine positive Überraschung lieferte Hannah Wörlein (TSV Ochenbruck), die sich im Weitsprung mit ihren ersten Sätzen über sechs Meter unverhofft auf einen Podestplatz katapultierte. Mit der siebtbesten Meldeleistung angereist, traf die 17-Jährige in den beiden letzten Versuchen der Konkurrenz das Brett nahezu optimal und konnte sich von 6,01 Meter im fünften im sechsten Durchgang tatsächlich auch noch auf 6,14 Meter steigern. Damuit sprang Wörlein genausoweit wie Silbermedaillengewinnerin Marlene Lang (LG Wedel-Pinneberg), die aber den besseren zweiten Versuch aufzuweisen hatte. Doch auch mit Bronze hatte die junge Mehrkämpferin kaum gerechnet. Der Titel ging an Helena Börner (SG AdelsbergI mit 6,24 Metern.

 

Stark präsentierten sich auch zwei Nachwuchsspeerwerfer, die bei den Deutschen Winterwurfmeisterschaften jeweils Bronze mit nach Hause nehmen konnten. Jakob Eberler (LG Landkreis Roth) konnte sich in der männlichen U 20 mit 61,47 Metern vor Marc Wietasch (LG Fichtelgebirge; 59,16 Meter), für den ein nichtsdestotrotz starker vierter Platz in der Endabrechnung blieb. In der männlichen U 18 schob sich Florian Schmid (LG Sempt) mit einem erneuten Wurf über 60 Meter (60,03 Meter) ebenfalls auf den Bronzerang.

 

Annika Just erkämpft sich Bronze über 60 Meter

 

Ihr Ausnahmetalent stellte einmal mehr Sprinterin Annika Just (LAC Passau) an den beiden Tagen unter Beweis. In einem spannenden Finale über 60 Meter erkämpfte sich die 16-Jährige, die noch der U 18-Klasse angehört, gegen ihre zum Teil zwei Jahre älteren Konkurrentinnen Rang drei in 7,51 Sekunden. Im Zwischenlauf hatte Just ihren Hausrekord sogar noch auf 7,50 Sekunden steigern können. Über 200 Meter hatte sich die Jüngste tags darauf als Meldeschnellste ebenfalls Chancen auf eine Medaille ausgerechnet. Dennoch sollte sie über ihren vierten Platz in 24,67 Sekunden nicht allzu enttäuscht sein. Ihr winkt eine verheißungsvolle Zukunft!

 

Ähnliches gilt für Speerwerferin Ronja Melzner (SC Eschenbach), im vergangenen Jahr noch Deutsche U 16-Meisterin. Sie wurde in der U 18-Winterwurfklasse Fünfte mit 44,46 Metern. Eine starkes Werfer-Trio kam von der LG Stadtwerke München in Person von Hammerwerferin Lina Metschl (U 18) sowie dem Diskuswurf-Duo Enrico da Cruz und Carolin Kupsch (beide U 20). Alle konnten sich im Vorderfeld platzieren. Da Cruz wurde mit Hausrekord von 54,78 Metern Fünfter. Metschl landete mit 50,21 Metern auf Gesamtrang sechs. Kupsch (43,50 Meter) beendete ihren Wettkampf ebenfalls als Sechste. Die gleiche Platzierung gab es für das U 20-Hammerwurf-Geschwisterpaar Leonie (49,90 Meter) und Linus Liebenwald (beide UAC Kulmbach; 55,65 Meter). Lory Vevi (SC Bad Kohlgrub) belegte im Speerwerfen der weiblichen U 20 mit 41,77 Meter Rang sieben.

 

Etwa einen Kilometer entfernt in der Halle schaffte Marie Krebelder (LAC Quelle Fürth) im 3000 Meter Gehen mit 15:32,33 Minuten Rang sechs. Ihre Vereinskameradin Julia Rath (LAC Quelle Fürth) meisterte Vor- und Endlauf über 1500 Meter gut und war mit ihrem sechsten Rang in 4:41,82 Minuten durchaus zufrieden. Gleich drei Mädchen aus BLV-Vereinen hatten es in den Endlauf über 800 Meter geschafft. In einem schnellen Rennen landete Lisa Lankes (SWC Regensburg) in starken 2:12,59 Minuten auf dem fünften Platz, dicht gefolgt von Emma Lindner (LG Bamberg; 2:13,63 Minuten), während Karin Dobiasch (LG Würm Athletik; 2:19,26 Minuten) die Phalanx aus dem Freistaat komplettierte. Als weitaus Jüngste im 3000-Meter-Feld schlug sich Franziska Drexler (LG Telis Finanz Regensburg) als Fünfte bravourös. Mit dem neuen bayerischen Hallenrekord für die Altersklasse U 18 von 9:42,75 Minuten unterbot die gerade mal 16-Jährige sogar ihre vorjährige Freiluftbestleistung und kommt damit ihrem Saisonziel der U 18-EM-Teilnahme im Juli in Jerusalem immer näher. Nur einen Wimpernschlag dahinter kam Drexlers frühere Vereinskameradin Linda Meier (LAC Passau) in 9:42,78 Minuten als ebenfalls gute Sechste ins Ziel.

 

Ein wenig mehr ausgerechnet dürfte sich der amtierende Deutsche Freiluftmeister der U 20 im Dreisprung, Sebastian Kottmann (LG Stadtwerke München) in seiner Spezialdisziplin haben. In Sindelfingen reichte es diesmal zu Platz fünf mit 14,29 Metern. Für 400-Meter-Läufer Jonas Babinsky (LG Main-Spessart) war das Erreichen des B-Finals über die zwei Hallenrunden ein Erfolg. Hier blieb er mit 49,98 Sekunden knapp unter der 50-Sekunden-Marke und wurde Vierter beziehungsweise Gesamt-Achter. Ebenfalls auf Platz acht kam Conrad Voigt (LG Erlangen) über 3000 Meter über die Ziellinie (8:59,78 Minuten).