Florian Bremm / (von links) Kevin Kranz, Aleksandar Askovic, Robin Ganter, Yannick Wolf / Alexandra Burghardt, Rebekka Haase / Die 4 x 200-Meter-Staffel der LG Stadtwerke München (von links) Denise Uphoff, Lavinja Jürgens, Irina Gorr, Amelie-Sophie Lederer / Lavinja Jürgens und Laura Gröll / Benedikt von Hardenberg / Georg Harpf. Alle Fotos: Theo Kiefner

19.02.2024 12:31 // Von: Reinhard Köchl

DM Halle Leipzig: Florian Bremm im Glück, bayerische Hoffnungsträger im Pech

Eigentlich war es fast schon zu erwarten, dass die bayerische Bilanz bei den Deutschen Hallenmeisterschaften nicht mehr ganz so überragend ausfallen würde, wie noch 2023 in Dortmund. Damals hatten die Leichtathletinnen und Leichtathleten aus dem Freistaat gleich fünf Titel und vier weitere Medaillen geholt. Ein Jahr später haben sich die Karten in der Quarterback Immobilien Arena in Leipzig neu gemischt. Mit Florian Bremm (LSC Höchstadt/Aisch) gab es diesmal nur einen Goldmedaillengewinner. Der eigentlich sichere Titelkandidat Tobias Potye (LG Stadtwerke München) verletzte sich während des Hochsprung-Wettbewerbes, die Münchner Staffeln - im Vorjahr noch beide souveräner Titelträger - spielten diesmal keine Rolle und bei anderen kam trotz guter Leistungen einfach eine Portion Pech dazu.

Hinzu kommt noch, dass eine der 2023-Titelträgerinnen, nämlich 1500-Meter-Siegerin Katharina Trost (LG Stadtwerke München) mittlerweile ihre Karriere beendet hat, Stabhochspringerin Chiara Sistermann in den USA weilt und Kugelstoßer Christian Zimmermann - allesamt Medaillengewinner des Vorjahres - nach einer Ellenbogen-OP immer noch keine Wettkämpfe bestreiten kann. Dass bei in den Sprintfinals bei Alexandra Burghardt (LG Gendorf Wacker Burghausen) und Titelverteidiger Aleksandar Askovic (LG Stadtwerke München) nur Tausendstelsekunden zum Sprung auf das oberste Treppchen fehlten soll deren herausragende Leistung auf keinen Fall schmälern. Auch Altmeisterin Christina Hering (LG Stadtwerke München) musste sich über 800 Meter nach hartem Kampf mit dem zweiten Platz und Silber begnügen, Weitspringer Maximilian Entholzner (LG Stadtwerke München) feierte in einem "bayerischen" Finale mit dem Sieger Simon Batz (MTG Mannheim; 8,01 Meter), der aus Mindelstetten im Landkreis Eichstätt stammt, als Vizemeister ein gelungenes Comeback auf der deutschen Bühne, während sein Kollege Benedikt von Hardenberg (LG Telis Finanz Regensburg) im Dreisprung eine ebenso gute Figur abgab, wie Youngster Georg Harpf im Kugelstoßen, Yannick Wolf (beide LG Stadtwerke München) über 60 Meter und Mona Mayer (LG Telis Finanz Regensburg) im 400-Meter-Finale. Warum die LG Stadtwerke München als zweifacher Titelverteidiger über 4 x 200 Meter und mit gleich zwei aktuellen Finalisten bei den Männern über 60 Meter tags darauf nur mit der zweiten Garnitur antrat (Platz 13) und bei den Frauen gar Hochspringerin Lavinja Jürgens als Schlussläuferin ins Rennen geschickt wurde, aber immerhin noch Rang drei absichern konnte, kann wohl nur der Verein selbst beantworten.

 

Florian Bremm wiederholt seinen Gold-Coup vom Sommer

 

Die 3000 Meter der Männer wurde auf der Zielgeraden entschieden. Über viele Runden hatte Mohamed Abdilaahi das Tempo gemacht. Doch dem unwiderstehlichen Schlussspurt von Florian Bremm (LSC Höchstadt/Aisch) konnte der Dortmunder auf den finalen Metern nichts entgegensetzen. So lief der Franke zum zweiten DM-Titel nach 2023 über 5000 Meter im Freien. Mit einem letzten Kilometer von unter 2:35 Minuten blieb Florian Bremm außerdem noch unter acht Minuten (7:58,76 Minuten). Dahinter folgten Mohamed Abdilaahi mit 8:00,48 Minuten und der überraschend starke Felix Friedrich. Der Dresdner steigerte sich um fast zwölf Sekunden als Dritter auf 8:01,57 Minuten.

 

"An sich war es für mich ein sehr dankbarer Rennverlauf", ließ Floran Bremm abschließend seinen erneut Gold-Kauf Revue passieren. "Das hatte ich mir im Vorhinein nicht so ausgemalt. Ich habe mir hundert Möglichkeiten überlegt, wie das Rennen ausgehen könnte. Ich habe mich sehr lange sehr gut gefühlt, weil ich hinten sehr entspannt und ruhig laufen konnte. Auf den letzten hundert Metern konnte ich dann vorbei ziehen. Das ist eine Stärke von mir und die weiß ich auch einzusetzen. Das Rennen heute war mein letztes für diese Saison. Am Dienstag geht es für drei Wochen ins Trainingslager nach Südafrika. Und dann schaue ich, dass ich mich gut vorbereite und dann gut in die Wettkämpfe einsteige."

 

Alexandra Burghardt um eine Tausendstelsekunde hinter Rebekka Haase

 

Extrem knapp verlief der Einlauf im 60-Meter-Finale: Nach einem nicht optimalen Start kam Rebekka Haase (Sprintteam Wetzlar) immer näher an Alexandra Burghardt (LG Gendorf Wacker Burghausen) heran. Um im Ziel die Winzigkeit von einer Tausendstelsekunde Vorsprung zu haben. Die Zeitmessung ermittelte 7,206 zu 7,207 Sekunden zu ihren Gunsten. Arm in Arm verfolgten die Sprint-Asse gebannt die Auswertung auf dem Videowürfel. Auf Platz drei folget Tiffany Eidner. Der Kölnerin gelang das Kunststück, in allen drei Runden exakt 7,28 Sekunden zu laufen. "Ich bin heute nicht ganz zufrieden, weil ich gerne persönliche Bestleistung gelaufen wäre", machte Alexandra Burghardt aus ihrer Enttäuschung keinen Hehl. "Irgendwie habe ich das tausendstel Glück nicht und es verfolgt mich auch die ganze Saison schon. Ich glaube, mein erster Start wäre besser gewesen, aber ich will auch keine Ausreden suchen. Rebekka hat ein super Rennen gemacht und hat sich glaube heute selbst überrascht. Ich freue mich sehr für sie. Ich laufe jetzt noch in Berlin beim ISTAF und dann möchte ich mich auf draußen konzentrieren. Das Ziel der Hallensaison war, eine gute Grundlage für draußen zu schaffen und das haben wir geschafft. Ich bin mir sicher, dass es da auch ziemlich schnell wird."

 

Auch bei den Männer gab’s nach 60 Metern zwei zeitgleiche Sprinter an der Spitze. Das bessere Ende hatte Kevin Kranz für sich. Mit 6,61 Sekunden setzte sich der Deutsche Hallenrekordler vor Titelverteidiger Aleksandar Askovic (LG Stadtwerke München) durch. „Ich habe den Start nicht erwischt. Darum musste ich hinten richtig marschieren, um noch den Titel zu holen“, sagte Kevin Kranz nach dem Hundertstel-Krimi. Nach 60 Metern zeigten die Uhren 6,601 zu 6,603 Sekunden zu seinen Gunsten. Nur eine Hundertstel dahinter lief Robin Ganter (MTG Mannheim) als Dritter mit 6,62 Sekunden eine neue Bestzeit. Zum Podest fehlten dem Deutschen 100-Meter-Meister Yannick Wolf (LG Stadtwerke München) zwei Hundertstel. Dafür bedeuteten 6,64 Sekunden eine neue Saisonbestzeit.

 

Für Aleksandar Askovic war der Verlust des Titels überhaupt kein Problem: "Ich bin gerade so glücklich über die Silbermedaille. Die habe ich auf jeden Fall gewonnen. Es ist echt gut gelaufen. Kevin hat einen super Lauf gemacht und ich bin drangeblieben - besser geht es nicht. Im Ziel hatte ich tatsächlich das Gefühl, dass ich vorne bin. Aber daran sieht man, dass man kein Gefühl dafür hat, wer am Ende wirklich gewonnen hat, wenn es so eng ist. Kevin hat es verdient, er hatte bisher eine super Saison. Ich selbst plane jetzt noch mit dem ISTAF in Berlin nächste Woche und mit der WM."

 

Christina Hering wird Zweite

 

Ein taktisches Rennen erlebten die Fans in Leipzig über 800 Meter bei den Frauen. Erst auf der letzten Runde ging’s zur Sache. Dort übernahm die langjährige Abonnement-Meisterin Christina Hering (LG Stadtwerke München) die Spitze. Doch knapp 20 Meter vor dem Ziel zog Alina Ammann (TuS Esingen) an der Münchnerin vorbei und lief in 2:07,55 Minuten zu ihrem zweiten DM-Titel über 800 Meter nach Freiluft-Gold 2023. Hinter Hering (2:07,87 Minuten) sicherte sich Tanja Spill (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen; 2:07,90 min) Bronze.

 

Max Entholzner meldet sich auf dem DM-Treppchen zurück

 

Noch eine bayerische Silbermedaille gab es für Weitspringer Maximilian Entholzner (LG Stadtwerke München). Der in Spanien lebende und erst seit diesem Winter für die Landeshauptstädter startende Neuzugang fand aufgrund altbekannter Anlaufprobleme mit vielen verschenkten Zentimetern am Absprungbalken nur schwer in den Wettkampf und lag zwischenzeitlich lediglich auf Rang sieben. Im vorletzten Versuch zeigte Entholzner dann aber sein vorhandenes Potenzial und flog mit einem Satz von 7,75 Metern auf Rang zwei hinter dem souveränen Sieger Simon Batz.

 

Bronze für Münchner Frauen-Staffel

 

Über Platz drei freuen durfte sich am Ende die 4 × 200-Meter-Frauenstaffel der LG Stadtwerke München, die in der relativ spotan zusammengewürfelten Besetzung Denise Uphoff, Amelie Lederer, Irina Gorr und Lavinja Jürgens 1:37,67 Minuten unterwegs war. Hochspringerin Jürgens war kurzfristig für Tina Benzinger eingesprungen, die nach dem Zieldurchlauf des 60-Meter-Halbfinales mit dem Fuß umgeknickt war. Im Hochsprung lagen Jürgens sowie ihre Teamkollegin Laura Gröll (LG Stadtwerke München) nach einer makellosen Serie mit überquerten 1,80 Metern auf Bronze-Kurs, ehe Bianca Stichling (Bayer 04 Leverkusen) die danach aufgelegten 1,83 Meter dann doch im dritten Versuch meisterte und das Münchner Duo damit jeweils auf Rang vier verwies.

 

Ziemlich bedröppelt stand indes Hochspringer Tobias Potye (LG Stadtwerke München) da, und so richtig Freude kam nach Platz vier und einer Leistung von 2,14 Metern auch nicht auf. Denn Titelverteidiger Potye, der noch wenige Tage zuvor mit 2,30 Meter eine neue Hallenbestleistung aufgestellt hatte, entschied sich nach dieser Höhe, aufgrund von Kniebeschwerden den Wettkampf abzubrechen. „Eine reine Vorsichtsmaßnahme“, erklärte LG Stadtwerke-Geschäftsführerin Julia Riedl.

 

Sichtlich zufrieden verließ am Freitag beim vorgezogenen Kugelstoßen Georg Harpf (LG Stadtwerke München) die Wettkampfstätte. Denn der noch in der U 20 startberechtigte Nachwuchs-Athlet hatte sich sehr gut aus der Affäre gezogen und mit 18,55 Metern seinen Hausrekord um einen knappen halben Meter gesteigert. Der Lohn: Platz sechs bei den "Großen".

 

Lange sah es so aus, als könnte Dreispringer Benedikt von Hardenberg (LG Stadtwerke München) in den Kampf um die Medaillen ein Rolle spielen. Bei der Ein-Mann-Show von Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz) landete er schlussendlich mit seiner neuen persönlichen Bestleistung von 15,12 Meter auf Rang sechs. Seiner Vereinskameradin Mona Mayer (LG Telis Finanz Regensburg) blieb nach einem durchaus bemerkenswerten Vorlauf in 53,35 Sekunden im Finale nur Rang sechs (54,32 Sekunden). Eine neue persönliche Bestleistung gab es im Dreisprung für die 19-jährige Christina Ammer (TuS 1860 Pfarrkirchen). Mit 12,67 Meter erreichte sie sogar den Endkampf und wurde Siebte.