DM U 20 Koblenz: Bayern dominiert erneut die nationale U 20-Szene
Georg Harpf hat die 19-Meter-Marke fest im Griff
Der König im Kugelstoß-Ring war am Freitag eindeutig Georg Harpf (LG Stadtwerke München). Der gebürtige Ingolstädter, der schon die 20-Meter-Marke geknackt hat, wuchtete sein Arbeitsgerät trotz Regen in allen fünf gültigen Versuchen über 19 Meter. Der beste Stoß gelang ihm im letzten Durchgang mit 19,73 Metern, im vierten Versuch hatte er bereits 19,70 Meter erzielt. "Es war abzusehen, dass es ein bisschen regnet, deswegen war es noch im Rahmen", kommentierte er die Bedingungen. "Sonst war es angenehm zum Stoßen, nicht zu warm und nicht zu kalt. Eigentlich hat alles ganz gut gepasst." Somit darf er selbstbewusst zur U 20-WM nach Lima (Peru; 27. bis 31. August) reisen, wo er eine Medaille anpeilt. Zwei Mannschaftskameraden von Harpf kamen ebenfalls in den Endkampf: Tim Weller wurde Sechster mit 16,56 Meter, Andreas Gröninger Achter mit 15,56 Meter.
Dritter Titel innerhalb von drei Wochen für Jakob Kemminer
Zum U 18-Europameister sowie zum Deutschen U 18-Meister hatte er sich in diesem Jahr bereits gekrönt, am Samstagabend ließ Jakob Kemminer (TSV Ochenbruck) nun auch den deutschen U 20-Meistertitel über 100 Meter folgen – es ist damit sein dritter Titel innerhalb von drei Wochen. Auf Bahn vier ins Rennen startend sah es zunächst nach einem engen Lauf aus, doch gegen Ende des Rennens wurde der 17-Jährige seiner Favoritenrolle zunehmend gerecht und setzte sich von seinen Kontrahenten ab. In 10,68 Sekunden sicherte er sich schließlich souverän den Sieg. Auf die Frage, ob sich Titel mittlerweile wie eine Gewohnheit anfühlen würden, antwortete er bescheiden: "Das würde ich so auf keinen Fall sagen, ich freue mich jedes Mal darüber und gebe immer mein Bestes." Seine Beine hätten sich hintenraus müde angefühlt, umso glücklicher sei er über den Sieg.
Ella Obeta fast mit Bestleistung
Die drei WM-Normerfüllerinnen Joana Herrmann (SV Teuto Riesenbeck), Johanna Göring (SV Salamander Kornwestheim) und Ella Obeta (LG Eckental) waren es auch, die im Hochsprung geschlossen die 1,83 Meter angingen – wie sich herausstellen sollte, die Höhe der Entscheidung. Denn die bis dato fehlerlose Johanna Göring musste hier ebenso die Segel streichen wie Joana Herrmann, die es noch im dritten Versuch über die WM-Normhöhe von 1,80 Meter geschafft hatte. Weil Ella Obeta im dritten Durchgang die 1,83 Meter meisterte, sicherte sie sich Gold vor Johanna Göring und Joana Herrmann.
Die feststehende Siegerin versuchte sich danach noch an einer neuen Bestleistung, die 1,85 Meter waren letztlich zu hoch für die Zweite der U 23-DM. „Alle drei Versuche waren nicht schlecht, insbesondere der zweite. Wichtig war, dass ich Erfahrung in diesen Höhen gesammelt habe, denn das könnte in Peru genau die Qualifikationshöhe für den Endkampf sein“, sagte Ella Obeta mit Blick auf die U 20-WM und präsentierte noch eine einfache Erfolgsformel: „Einfach Spaß haben, locker bleiben und fliegen!“ Auf Rang sechs kam die noch in der U 18 startberechtigte Eva Kalb (LG Forchheim; 1,74 Meter).
Tobias Tent geht auf den letzten Metern noch vorbei
Die Favoriten verließen sich auf ihre Schlussrunde über 1500 Meter und ließen zu Beginn des Rennens Jakob Dieterich (Laufteam Kassel) davonziehen, in seinem Schlepptau Tammo Doerner (LG Olympia Dortmund). Beide wurden für ihren Ausreißversuch allerdings nicht belohnt und landeten am Ende auf den Rängen sieben und elf. Denn zum Schluss machten David Scheller (LG Main-Spessart) und Tobias Tent (LG Stadtwerke München) ernst. Beide waren schon mit erfüllter U 20-WM-Norm (3:48,00 Minuten) und Führende der DLV-Bestenliste nach Koblenz angereist.
Eingangs der letzten Runde überholte David Scheller das zwischenzeitlich enteilte Führungsduo und stürmte auch noch auf der Schlussgeraden als Führender dem Ziel entgegen. Tobias Tent kam allerdings immer näher und konnte schließlich noch vorbeiziehen. 3:50:01 Minuten bedeuteten für ihn den Titel. „Das ist so cool, dass ich jetzt mit nach Lima fliegen darf. Umso schöner, dass es auch noch der Titel geworden ist“, erklärte der Sieger. David Scheller hatte auch Grund zum Jubeln, denn auch als Zweiter (3:50,44 Minuten) sicherte er seinen U 20-WM-Startplatz ab.
Johanna Marrwitz nervenstark
Mit ihrem ersten Versuch hatte sich Johanna Marrwitz (LG Stadtwerke München) an die Spitze des Hammerwurf-Feldes katapultiert. Doch ihre 58,00 Meter wurden von Nova Kienast (SV Preußen Berlin) mit 59,57 Metern und zuvor auch von Clara Hegemann (LG Stadtwerke München; 59,10 Meter) gekontert. Entsprechend musste sie Nervenstärke beweisen – und lieferte ab: 61,84 Meter im fünften Versuch bedeuteten Tagesbestweite und damit den U 20-Meistertitel. Nova Kienast und Clara Hegemann komplettierten das Podium.
Angesichts dessen, dass Johanna Marrwitz dennoch relativ weit unter ihrer Bestleistung (69,61 Meter) blieb, zeigte sich die 18-Jährige im Anschluss selbstkritisch: „Der Titel bedeutet mir viel, weil er die Teilnahme an der U 20-WM möglich macht. Aber eigentlich hatte ich mir mehr erhofft, das Training lief zuletzt nämlich eigentlich ganz gut. Aber wenn man zu sehr unter Druck steht, dann versucht man es mit aller Gewalt zu machen und das funktioniert nicht.“
Maximilian Achhammer vorneweg, drei Münchner im A-Finale
Schon kurz vor dem Ziel konnte es sich Maximilian Achhammer (LG Stadtwerke München) erlauben, über seinen Sieg zu jubeln. In 21,19 Sekunden steigerte er außerdem seine Bestzeit um sieben Hundertstel und kann für die U 20-WM planen. „Es ist eine Erlösung. Im Vorlauf habe ich zum Schluss noch etwas rausgenommen. Im Finale wurden die Beine hinten raus dann aber dennoch etwas schwer“, erklärte der neue Deutsche U 20-Meister. "Für die U20-WM habe ich mir noch gar nichts vorgenommen, weil ein Start dort bisher noch eher ein Traum war, der vor mir schwebte. Ich freue mich auf jeden Fall sehr, dabei zu sein.“ Für das A-Finale hatten sich gleich drei bayerische Sprinter qualifiziert, die alle der LG Stadtwerke München angehören: Karl Gattinger belegte Platz vier mit 21,55 Sekunden, Cassian Holland-Moritz wurde Fünfter mit 21,63 Sekunden.
Sieben Mal Silber für Bayern
Neben den Goldmedaillen für Jakob Kemminer und Maximilian Achhammer gab es noch eine ganze Reihe anderer Sprintmedaillen für Bayern. Judith Bilepo Mokobe (USC Mainz) bog als Erste auf die Zielgerade ein. Pauline Richter (beide 1. LAV Rostock) blieb lange Zeit dicht hinter ihr auf den Fersen, am Ende kam auch noch Elena Schernhardt (LG Festina Rupertiwinkel) auf, doch Mokobe verteidigte ihre Position und sicherte sich den Sieg in 23,83 Sekunden. Ganz knapp dahinter gewann Elena Schernhardt nach hartem Kampf in 23,86 Sekunden und darf nur auch zur U 20-WM nach Lima fahren. Für Insider längst keine Überraschung war die Vizemeisterschaft für Langsprinterin Anna Becker (LG Stadtwerke München). Hinter der in bestechender Form auftretenden Johanna Martin (1. LAV Rostock), die das 400-Meter-Finale mit überragenden 52,49 Sekunden gewann erkämpfte sich Becker, die von Ruth Mayer, der BLV-Teamleiterin Sprint trainiert wird, mit neuer Bestzeit von 55,26 Sekunden Silber und einen Staffelplatz bei der U 20-WM.
Im Vorfeld des 110-Meter-Hürden-Finals galten der Jahresbeste Timon Dethloff (Cologne Athletics) und Nils Leifert (LAC Quelle Fürth) als die großen Favoriten. Und so sollte es schließlich auch kommen, dass diese beiden Athleten den Sieg unter sich ausmachten. Nach dem Startschuss erarbeitete sich zunächst der lange verletzte Nils Leifert einen Vorsprung, doch Timon Dethloff schloss nach und nach zu seinem Konkurrenten auf und zog schließlich sogar an diesem vorbei. Am Ende sollte es ein souveräner Sieg für den Athleten von Cologne Athletics werden. Mit weitausgebreiteten Armen feierte er seinen Titel nach 13,79 Sekunden. Leifert wurde in 13,93 Sekunden Zweiter vor U 20-Zehnkampf-Europameister Amadeus Gräber (SV Leonardo-Da-Vinci-Nauen) in 14,13 Sekunden. Allerdings hatte der Fürth im Vorlauf bei optimalem Rückenwind (+2,0 sec/m) mit 13,70 Sekunden die aktuelle deutsche Jahresbestzeit aufgestellt, die zudem die Erfüllung der U 20-WM-Norm darstellt.
Stolz auf ihre Vizemeisterschaft über 3000 Meter Hindernis, die ihr zudem auch die Türe nach Lima öffnet, war Jule Lindner (LG Bamberg), Dabei standen die Medaillen eigentlich schon vor dem Start fest. Die hochfavorisierte Titelverteidigerin Adia Budde (TSV Altenholz) drehte einsam ihre Runden an der Spitze, Jule Lindner und Luise Hitzbleck (Eintracht Frankfurt) folgten ebenso im Alleingang bei Dauerregen in Koblenz. Die Titelverteidigerin und Zweite der U 20-EM aus dem vergangenen Jahr lief ein relativ konstantes Tempo und kam nach 9:58,47 Minuten nur sieben Sekunden über ihrer Bestzeit (erzielt bei deutlich besseren Bedingungen) ins Ziel. Jule Lindner, bei den Europäischen Olympischen Jugendspielen 2022 schon einmal im Nationaltrikot unterwegs, sicherte sich in 10:18,32 Minuten Silber und dürfte mit der erneuten Normerfüllung ihr Ticket für die U 20-WM in der Tasche haben.
Das nächste bayerische Silber ging ebenfalls auf das Konto eines 3000-Meter-Läufers. Zunächst war es Lennart Zehfeld (LC Rehlingen), der die Führungsarbeit leistete. Als die Glocke zur letzten Runde schrillte, zog dann Elias Kolar (TSG 08 Roth) an beiden vorbei. Doch das letzte Wort hatte Tristan Kaufhold (SSC Hanau-Rodenbach). Er überholte beide Kontrahenten und holte sich in 8:27,99 Minuten den Sieg. Elias Kolar (8:29,73 Minuten) wurde starker Zweiter.
Hinter dem neuen Deutschen Dreisprung-Meister Steven Freund (LAC Erdgas Chemnitz; 14,99 Meter) sprang der frisch gekürte U 18-EM-Dritte Benedikt Maurer (SV Germering) mit seinem ersten Versuch auf 14,83 Meter und damit zur Silbermedaille. Müßig wäre es zu spekulieren, ob Mauerer bei einem erneuten Sprung über 15 Meter womöglich sogar Gold in der nächsthöheren Altersklasse geholt hätte.
Bronze für Niklas Amthor, Florian Schmid und Tamino Mittag
Auch zwei Bronzemedaillen für Bayerns Nachwuchssportler verdienen es allemal, erwähnt zu werden. Da wäre zum einen Niklas Amthor (TSV Bad Kissingen), der über 400 Meter Hürden in 53,37 Sekunden das Ziel erreichte, und zum anderen Tamino Mittag (TSC Jetzendorf), der im 5000-Meter-Bahngehen der männlichen U 18 in 23:16,31 Minuten die drittschnellste Zeit erreichte. Mit erfüllter WM-Norm, sprich einem 70-Meter-Wurf, trat Speerwerfer Florian Schmid (LG Stadtwerke München) an und führte lange den Wettbewerb an. Für ihn gingen diesmal 68,81 Meter in die Wertung ein, was am Schluss Rang drei bedeutete. Schmids Glück: der Silbermedaillengewinner Elias Fischer (TV Haslach) verbesserte sich auf 68,96 Meter, wobei zur U 20-WM-Norm gerade einmal vier Zentimeter fehlten.
Zwar "nur" auf Platz vier kam Franziska Drexler (LG Telis Finanz Regensburg) in der Endabrechnung über 3000 Meter in der U 20. Aber ihr Lauf in Koblenz diente als Leistungsnachweis, weil die Regensburgerin ebenfalls schon die Qualifikation für Lima in der Tasche hatte und seit ihrem Vizetitel bei den Deutschen Jugendmeisterschaften über 5000 Meter wegen einer hartnäckigen Verletzung nur eingeschränkt alternativ trainieren konnte. Dabei erledigte die gerade mal 18-Jährige ihre Aufgabe souverän. Mit einem kontrollierten Steigerungslauf wurde Drexler am Ende Vierte mit 9:52,93 Minuten. Das reichte dann auch für das Ticket zur U 20-WM Ende August in Lima.